Grenzwertig gegen Grenzcamp

Ende des Monats startet das antirassistische Grenzcamp in Köln. Eine rechtsextreme Bürgerbewegung agitiert gegen die Aktion, die Organisatoren bleiben gelassen

taz köln / taz nrw, 10.07.2003, Nr. 146, S. 3

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Köln stehen schlimme Zeiten bevor. Sodom und Gomorrha müssen ein Kinderspiel gewesen sein gegen das, was der Stadt Anfang August droht. �Falls Sie einen PKW haben, empfiehlt es sich, ihn in dem in Rede stehenden Zeitraum nicht auf der Straße stehen zu lassen�, werden die Bürger in einem Flugblatt gewarnt. Hinter dem vermeintlich guten Ratschlag steckt die rechtsextreme �Bürgerbewegung pro Köln�, die gegen das 6. Antirassistische Grenzcamp Stimmung machen will, das vom 31. Juli bis zum 10. August in Köln stattfindet.

�Randalierer aus ganz Deutschland� würden sich �zusammenrotten�, warnt die Gruppierung um den rechtsextremen Verleger Manfred Rouhs und fordert von der Stadt ein Verbot der Veranstaltung. �Zu den liebsten Freizeit-Beschäftigungen der selbsternannten �Antifaschisten� gehört es, Mercedes-Sterne von PKWs abzubrechen und einzusammeln�, heißt es in dem Flugblatt. Keine schönen Aussichten für die Grenzcamper, die dieses Jahr am Rheinufer ihr Lager aufschlagen wollen. Doch es kommt noch dicker: Der bekannte Neonazi Axel W. Reitz hat als Sprecher einer �Bürgeraktion gegen Gewalt und Intoleranz� für den 9. August eine Demonstration gegen das Grenzcamp angemeldet. Als Redner angekündigt ist der �Systemkritiker� Hartmut Wostupatsch aus Würzburg, den der Verfassungsschutzbericht 2002 zu den �führenden Protagonisten der Neonazi-Szene� zählt.

Die Demonstration gegen �antideutsche Hetze und Gewalt� soll darüber hinaus laut Reitz �von nationalen Kräften aus ganz Deutschland unterstützt� werden. Reitz war zuletzt durch Aussagen in dem ZDF-Magazin �Frontal 21� aufgefallen, als er Saddam Hussein �groß und bewundernswert� nannte, �weil er es wie unser Führer Adolf Hitler geschafft hat, sein Volk hinter sich zu bringen.�

Doch die antirassistischen Aktivisten im Kölner Infoladen geben sich gelassen und wollen ihr Camp wie geplant durchführen. �Rassismus in allen Erscheinungsformen aufzeigen� lautet das Programm. Ob der �Neusser Abschiebeknast�, der �Abschiebeflughafen Düsseldorf�, das Ausländerzentralregister in Köln oder das Flüchtlingsschiff auf dem Rhein, das für die rigide Kölner Flüchtlingspolitik steht � überall wollen die Antirassisten die �innerdeutschen Grenzen aufzeigen�.

Das wird auch nötig sein. Erst vor kurzem gelang es �Pro Köln�, im Stadtteil Poll mit rund 500 Bürgern gegen ein Flüchtlingsheim zu demonstrieren � ein Erfolg für die �Bürgerbewegung�, die seit geraumer Zeit versucht, sich als �Stachel im Fleisch der Herrschenden� zu präsentieren. So sammelten die Neonazis Unterschriften gegen den Bau einer Moschee in Köln und machten Stimmung gegen �kriminelle �Flüchtlinge�. Es bleibt also viel zu tun für die Grenzcamper, die nicht nur gegen den staatlichen, sondern auch gegen den alltäglichen Rassismus angehen wollen.

http://www.nadir.org/nadir/kampagnen


Autor: Dirk Eckert