Gute Bildung wird schön teuer

Ein internationales Abkommen, das GATS, wird die EU-Staaten in spätestens zehn Jahren einholen: Dann gibt es wohl überall Studiengebühren und Eliteschmieden

taz köln / taz nrw, 20.06.2002, Nr. 103, S. 2

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Während in Nordrhein-Westfalen Studierende gegen Gebühren protestieren, werden andernorts Entscheidungen gefällt, die das gesamte Bildungssystem auf den Kopf stellen werden. Und das weltweit. Die Rede ist vom GATS (General Agreement of Trade in Services), einem Abkommen, das den gesamten Handel mit Dienstleistungen liberalisieren soll.

„Wenn das GATS kommt, dann müssen private Hochschulen die gleichen Subventionen wie staatlichen bekommen. Für staatliche bleibt dann noch weniger Geld“, warnt Oliver Pye. Der Kölner Student befindet sich gerade im Ausstand gegen die Pläne der Clement-Regierung, die Studis zur Kasse zu bitten. Gebühren sind für ihn „Teil des neoliberalen Projekts“, Bildung zu kommerzialisieren.

„Private Hochschulen bedeuten Spitzendienste für die Elite.“ Wer dazu nicht gehöre, gehe leer aus, befürchtet Pye, der auch bei dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac aktiv ist. Attac hat bereits letztes Jahr beschlossen, auch gegen die Privatisierung von Bildung aktiv zu werden.

Seit 1994 gibt es das GATS. Ende Juni müssen alle teilnehmenden Länder ihre Forderungen vorlegen. Doch was die EU von anderen fordern und selbst anbieten will, ist weitgehend Verschlusssache. Auf Forderungen von Nichtregierungsorganisationen nach Transparenz hat die EU bisher nicht regiert.

Die EU hat sich eine Ausnahmeregelung ausgebeten: Vorerst soll das Bildungswesen so finanziert werden wie bisher, also staatlich. Doch nach maximal zehn Jahren muss laut GATS mit Ausnahmen Schluss sein. Bis dahin sollen auch die deutschen Hochschulen konkurrenzfähig sein.

Das GATS betrifft nicht nur den Bildungssektor. Von Müllabfuhr bis Medizin werden alle Dienstleistungen erfasst. Mit dem GATS gehe auch ein Stück Demokratie verloren, so Pye. Denn Sozialstandards etwa werden beim GATS als Handelshemmnisse definiert, die abgebaut werden müssen. Der Spielraum für Regierungen schwindet, bestehende Standards müssen abgebaut werden.

Die Studierenden in NRW haben das GATS und die undurchsichtige EU-Politik längst entdeckt. Das Netzwerk „Education ist not für sale“ mobilisiert zum EU-Gipfel vom 20. bis zum 22. Juni in Sevilla: „In ganz Europa werden Mitbestimmungsrechte weiter beschnitten und Studiengebühren eingeführt.“ Oliver Pye kommt nicht mit: „Wir machen lieber eine Solidaritätsdemonsration, am Samstag Mittag auf der Kölner Domplatte.“


Autor: Dirk Eckert