Guter Kunststoff aus Plastikmüll

Eine Firma hat ein Verfahren entwickelt, mit dem man aus Plastikmuell hochwertigen Kunststoff herstellen, der nicht grau ist und auch nicht stinkt.

Impuls (SWR2), 14.02.2017

Radio SWR2

(Anmoderation: Um Plastik in den Weltmeeren zu bekämpfen, haben sich gerade 40 Konzerne verpflichtet, weniger und umweltfreundlicheres Plastik zu verwenden. Eine Lösung im Kampf gegen die Verschmutzung der Umwelt mit Plastik könnte eine deutsche Erfindung sein: Die Firma Grüner Punkt aus Köln hat ein Verfahren entwickelt, um alte Shampoo- und Putzmittelflaschen komplett zu recyceln. Dafür ist die Firma für den Deutschen Rohstoffeffizienzpreis nominiert worden, der am 16. Februar 2017 verliehen wird.)

Plastikflaschen gehen natürlich in den Gelben Sack. Oder die Gelbe Tonne. Das ist in Deutschland seit Jahren üblich. Die Mülltrennung soll den Weg zum Recycling, zur Wiederverwendung des Rohmaterials ebnen. Doch was bei Glas schon gut funktioniert, ist bei Shampoo- und Putzmittelflaschen, bei Plastikschalen und -tüten nicht ganz so einfach. Das aus dem Plastikmüll gewonnene Rohmaterial, das sogenannte Recyclat, schwankte bislang in der Qualität stark, viele Firmen trauten sich nicht, es für hochwertige Produkte zu nutzen. Michael Heyde, Leiter der Produkt- und Prozessentwicklung beim Grünen Punkt:

„Bisher ist es so, dass Recyclate hauptsächlich in technische Anwendungen gehen. Und wenn sie der Endverbraucher nochmal in die Hand bekommt, dann ist das vielleicht ein Blumentopf oder vielleicht nochmal eine Transportbox. Im täglichen Leben kriegt er sie in der Regel nicht mehr zu Gesicht.“

Das soll sich nun ändern. Der Grüne Punkt arbeitet in seinem Kölner Forschungslabor daran, Plastik so aufzubereiten, dass sich daraus nicht nur neue Blumentöpfe fertigen lassen, sondern auch beispielsweise Kosmetikverpackungen. Also Produkte, an die die Verbraucher in aller Regel höhere Ansprüche stellen.

„Wir haben den Ehrgeiz heute, die Materialien zurück in Anwendungen zu führen, die ansprechende Farben haben und die auch so riechen, dass man sie auch um sich haben mag.“

Farbe und Geruch sind die zentralen Probleme beim Plastik-Recycling. Michael Heyde wühlt in einem Behälter mit kleinen, bunten Schnipseln. So sieht das Material aus, wenn es aus der Sortierung kommt. Schmelzt man diese kleinen, Konfetti-artigen Teile ein, dann kommt ein Grauton raus. Deswegen müssten die Schnipsel vorher nach Farben sortiert werden, erklärt Michael Heyde und zeigt auf ein recycletes Stück aus hellgrünem Plastik:

„Die können wir aus Standardgrauqualitäten nicht machen. Dafür brauchen wir einen Sortierschritt auf Mahlgut-, also auf Flake-Ebene, wo wir eben die helleren Schnipsel von den dunkleren trennen. Und nur wenn wir die helleren Schnipsel hernehmen und sie dann mit einem entsprechenden Farbton überfärben, erzielen wir diese Farbresultate.“

Gefärbt wird mit den üblichen Farbstoffen. Das Sortieren erledigen heute computergestützte Maschinen. Ein Schnipsel wiegt nur wenige Milligramm, aber in der Praxis müssen mehrere Tonnen pro Stunde sortiert werden. Um das zu schaffen, braucht es natürlich entsprechende Rechnerkapazität. Dem Geruch rücken die Forscher mit speziellen Techniken zu Leibe: Geeignete Waschmittel und höhere Temperaturen sollen den Geruch von der Oberfläche waschen. Gelänge das nicht, ließe sich das neugewonnene Plastik nur schwer etwa in Kosmetikverpackungen einsetzen.

Aus dem sortierten und gewaschenen Plastik entsteht ein kleines Granulat, das der Grüne Punkt unter dem Markennamen Systalen vermarktet. Es ist ein Polyethylen hoher Dichte, sogenanntes HDPE. Der Grüne Punkt will damit das Kunststoff-Recycling revolutionieren. Denn Plastik-Recycling ist in Deutschland noch längst nicht die Regel, sagt Unternehmenssprecher Norbert Völl:

„Man muss heute sagen, dass das Kunststoff-Recycling, auch wenn wir in den letzten 25 Jahren sehr viel erreicht haben und daraus eigentlich eine gängige Technik gemacht haben, dass das aber im Ganzen gesehen immer noch ein Nischengeschäft ist. Das ist gerade im dreistelligen Millionenbereich, was die Wertschöpfung da angeht. Aber das ist eben noch kein großer Wirtschaftssektor. Auch die Unternehmen, die darin tätig sind, sind meistens eher kleinere Unternehmen, deren Mittel dadurch auch begrenzt sind.“

Erste Unternehmen setzen Systalen bereits ein. Dass Verbraucher Produkte aus Recycling-Plastik akzeptieren, zeigt seit ein paar Jahren das Mainzer Unternehmen Werner & Mertz. Seine bekannten Reinigungsmittel mit dem Grünen Frosch sind weitgehend aus recycletem PET, bei den Verbrauchern kommt das an. Doch es braucht nicht nur besseres Recycling, damit Kunden und Unternehmen wiederverwertetes Plastik akzeptieren. Damit Kunststoff-Recycling überhaupt funktioniert, ist die Industrie darauf angewiesen, dass die Verbraucher ihren Müll weiterhin trennen. Michael Heyde:

„Die Trennung, die der Endverbraucher heute vornimmt, ist eine wertvolle Vorleistung, die uns überhaupt in die Lage versetzt, diese aufwändigen Techniken überhaupt zur Anwendung zu bringen. Also wenn Sie heute beispielsweise Glas und Kunststoff gemeinsam erfassen würden, würden sie sich den Kunststoff mit feinsten Glasscherben in einer Weise verunreinigen, dass die Aufbereitung unverhältnismäßig teuer wird.“


Autor: Dirk Eckert

MP3: http://avdlswr-a.akamaihd.net/swr/swr2/impuls/beitraege/2017/02/14-guter-kunststoff-aus-plastikmuell.12844s.mp3