Financial Times Deutschland, 10.09.2007, S. 23
Wirtschaft Financial Times Deutschland (FTD)
Berufsunfähig werden kann jeder. Erkrankungen an Rücken und Gelenken, Kreislaufstörungen oder psychische Leiden gehören zu den häufigsten Ursachen, die Menschen zwingen, ihren Beruf aufzugeben. Eine Versicherung kann zumindest finanzielle Einbußen abmindern.
Von psychischen Erkrankungen besonders häufig betroffen sind Manager, weiß Frank Begas, Versicherungsberater in Memmingen. “Sie stellen sehr hohe Ansprüche an sich. Schon bei kleineren Störungen werden sie psychisch aus der Bahn geworfen”, sagt Begas. Die Folgen: Plötzlich können sie sich nicht mehr konzentrieren, längere Verhandlungen oder firmeninterne Besprechungen werden nicht mehr möglich. “Die Leistungseinschränkungen sind häufig relativ gering, machen sich aber im Beruf stark bemerkbar”, sagt Begas.
Um durch eine psychische Erkrankung nicht ins finanzielle Aus zu geraten, ist eine private Absicherung geboten – das gilt zumindest für all jene, die nach dem 1. Januar 1961 geboren wurden. Für sie gibt es seit 2001 keine gesetzliche Berufsunfähigkeitsversicherung mehr. Und die deutlich niedrigere Erwerbsminderungsrente wird nur gezahlt, wenn der Betroffene gar keine Arbeit mehr verrichten kann. Konkret heißt das: Wer weniger als drei Stunden am Tag in der Lage ist zu arbeiten, bekommt die volle Rente, deren Höhe auf dem Rentenbescheid angezeigt wird. Bis sechs Stunden Arbeitsfähigkeit am Tag wird die halbe Rente gezahlt.
Allerdings ist die Höhe der Erwerbsminderungsrente begrenzt: Wer monatlich mehr als 5250 Euro (4550 Euro im Osten) verdient, bekommt bei Erwerbsunfähigkeit trotzdem nicht mehr staatliche Unterstützung. “Für Manager kann das schmerzlich werden”, warnt Beate Bextermöller von der Stiftung Warentest.
Versicherungsangebote gibt es genug. Die Zeitschrift “Finanztest” hat kürzlich 92 Berufsunfähigkeitsversicherungen untersucht. Am besten abgeschnitten haben Policen der HUK-Coburg, gefolgt von Volksfürsorge, Aachen-Münchner und Alte Leipziger. Bei der HUK-Coburg muss ein 35-jähriger, nichtrauchender Rechtsanwalt zum Beispiel monatlich 102,68 Euro bezahlen, um im Versicherungsfall bis zum 65. Lebensjahr eine monatliche Rente von 2000 Euro zu erhalten.
Probleme können entstehen, wenn das Renteneintrittsalter angehoben wird. Dann reicht die vereinbarte Versicherungsdauer nicht mehr. Verbraucherschützer raten generell zu prüfen, wie flexibel der Vertrag für so einen Fall ist. Wichtig ist auch, dass der Versicherer auf die sogenannte abstrakte Verweisung verzichtet. Dann kann er später nicht verlangen, dass Berufsunfähige den Beruf wechseln. Jüngere sollten auf die Nachversicherungsgarantie achten: Damit ist sichergestellt, dass die Versicherungsbedingungen den möglicherweise völlig veränderten Lebensumständen angepasst werden können. Überhaupt sollte der Verbraucher prüfen, ob er den Vertrag bei Berufswechsel ändern kann.
Hilfreich ist auch, wenn Versicherer ärztliche Atteste anerkennen, die nur für wenige Monate gelten. Denn manchmal wollen Ärzte keine Berufsunfähigkeit für die nächsten Jahre bescheinigen. “Die Versicherungsbedingungen sind ohnehin überall relativ ähnlich”, sagt Versicherungsberater Begas. Die Schwierigkeit bestehe darin, die Ansprüche im Ernstfall gegenüber dem Versicherer durchzusetzen. Diese seien inzwischen kritischer geworden. Teilweise versuchten sie, Ansprüche durch ihnen genehme ärztliche Gutachten abzuwenden.
Ob jemand berufsunfähig ist, hängt sehr von der jeweiligen Tätigkeit ab. Je höher die berufliche Anforderung, desto geringer muss die gesundheitliche Einschränkung sein, um den Versicherungsfall auszulösen. Begas rät: Wer viel verdient, sollte sich einen Versicherer suchen, der viele Kunden derselben Einkommensstufe hat. Die Sachbearbeiter seien es hier gewohnt, größere Summen zu bewilligen.
Autor: Dirk Eckert