taz köln, 24.05.2005, S. 1
Köln taz köln
Enttäuscht und geschockt, das waren die Worte, mit denen die lokalen SPD-Größen ihre Reaktionen auf den Machtverlust am Rhein und auf die bevorstehenden Neuwahlen in Berlin umschrieben. Dabei ist die Niederlage in Bonn mit einem Minus von knapp einem Prozentpunkt und erreichten 33,17 Prozent der Stimmen nicht ganz so deutlich ausgefallen. 5.000 Stimmen mehr habe man bekommen, rechnete der SPD-Vorsitzende Ulrich Kelber vor. “Wir haben deutlich besser abgeschnitten als die SPD auf Landesebene.”
Ein Trost ist auch, dass Renate Hendricks über die SPD-Landesliste in den Landtag einzieht. Aber: “Wir wollten in Bonn Wahlkreise gewinnen – das haben wir nicht erreicht.” Jetzt setzt die SPD auf Neuwahlen. “Ich hoffe, dass die Bürger begreifen, dass es um sehr unterschiedliche Konzepte geht”, sagte der scheidende Landtagsabgeordnete Bernhard von Grünberg, der in seinem Wahlkreis knapp gegen Helmut Stahl (CDU) unterlag.
Stahl wiederum war die Freude über das Ergebnis – die CDU hat beide Bonner Wahlkreise gewonnen und sich um rund 4 Prozentpunkte auf 42,6 Prozent verbessert – anzusehen. “Ich bin ein glücklicher Mensch”, verkündete er. Ob er vielleicht Wissenschaftsminister wird? “Ich dementiere gar nichts”, sagte er.
“Sehr glücklich” ist auch die Bonner FDP darüber, “dass wir den Wechsel geschafft haben”. Sie ist allerdings die einzige der Landtagsparteien, die in Bonn Stimmen verloren hat und mit 8,92 Prozent um 3,61 Prozentpunkte gesunken ist.
Wegen der höheren Wahlbeteilung von 67,12 Prozent haben auch die Grünen fast 1.000 Stimmen hinzugewonnen – gleichzeitig aber mit 10,99 Prozent fast einen Prozentpunkt verloren. Tom Schmidt, gescheiterter Landtagskandidat, beklagte “eine relativ aggressive Leihstimmenkampagne” der SPD in Bonn, die seiner Partei geschadet habe. Und räumte selbstkritisch ein, dass Rot-Grün bei Hartz IV “zu harsch mit den Leuten umgegangen” sei: Da seien “Kurskorrekturen” notwendig.
Auf nur 0,84 Prozent (vorher: 1,31 Prozent) kam die PDS. Landtagskandidatin Katina Schubert, die auch Mitglied des Bundesvorstands ihrer Partei ist, vermutete als Ursache die Kandidatur der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG), die in der Bundesstadt auf 1,74 Prozent kam. Deren Abschneiden habe aber gezeigt, dass die WASG “in ihrem Stammland im Westen weit davon entfernt ist, in den Deutschen Bundestag einzuziehen”.
Eine Kooperation der beiden Linksparteien kann sie sich durchaus vorstellen. “Unser Angebot zu Gesprächen steht nach wie vor.” Dabei müsse aber von den realen Kräfteverhältnissen ausgegangen werden. So könne es die PDS über drei Direktmandate allein in den Bundestag schaffen. “Tatsache ist, dass die WASG nur mit uns in den Bundestag kommt.”
Autor: DIRK ECKERT