taz köln, 26.01.2005, S. 4
Köln Interview taz köln
taz: Frau Scho-Antwerpes, in seiner Predigt am Dreikönigstag hat der Kölner Erzbischof Meisner den Schwangerschaftsabbruch in eine Reihe mit den Verbrechen Hitlers und Stalins gestellt. Wenige Tage zuvor hatte er sogar gesagt, Abtreibung stelle “wohl alle bisherigen Verbrechen der Menschheit in den Schatten”. Republikweit wurde über die Entgleisung des Kölner Kardinals berichtet, der Zentralrat der Juden hat eine Entschuldigung verlangt. Warum schweigen Ihrer Meinung nach die großen Kölner Parteien zu diesem Skandal?
Elfi Scho-Antwerpes: Ich persönlich bedauere das sehr, und ich hoffe, dass dies noch nachgeholt wird. Es ist ja noch nicht zu spät. Ich selbst habe dazu eine dezidierte Meinung, und eigentlich sollten alle Parteien in der Stadt dazu klar Stellung beziehen. Vielleicht hat es etwas mit Mut zu tun. Einige werden sich überlegen, ob sie es sich zutrauen, sich mit dem “großen Mann” anzulegen. Ich suche schon seit längerer Zeit ein Gespräch mit Herrn Meisner, schon in meiner Funktion als Vorsitzende der Kölner Aids-Hilfe.
taz: Glauben Sie, dabei käme etwas heraus?
Elfi Scho-Antwerpes: Ja!
taz: Auch, wenn Sie ihn kritisieren?
Elfi Scho-Antwerpes: Ja, ich habe mir sagen lassen, dass der Kardinal auch mit Leuten redet, die ihm gegenüber kritisch eingestellt sind. Er muss einem ja nicht unbedingt Recht geben.
taz: Stichwort Recht. Was halten Sie von der “Aktion Wintercheck”? Da greift die Polizei auch immer wieder Menschen auf, die in der Illegalität leben. Von einem anderen Umgang mit Illegalisierten, wie ihn Städte wie München oder Freiburg praktizieren und wie ihn etwa der Flüchtlingsrat einfordert, ist Köln offenbar weit entfernt.
Elfi Scho-Antwerpes: Das sind nun einmal die Vorgaben, die die Beamten der Polizei auf dem Tisch haben, und die müssen sie umsetzen.
taz: Sicher, aber die Stadt ist daran beteiligt…
Elfi Scho-Antwerpes: Ja, aber ich weiß nicht recht, ob die Polizei tatsächlich immer so brutal vorgeht, wie dies in den Zeitungen geschildert wird. Dem müsste man im Einzelfall nachgehen. Wenn ich so was höre, bin ich mir nicht zu schade, sofort auch selbst mit der Polizei Kontakt aufzunehmen und, je nach Schwere des Falls, auch mal mit dem Polizeipräsidenten persönlich zu erörtern, ob seine Leute womöglich vereinzelt übers Ziel hinaus geschossen sind. Dabei geht es mir darum, so etwas sofort im Keim zu ersticken.
taz: Ein ganz anderes Problem. Die SPD wird nun in einer großen Koalition all jene Streichungen und Kürzungen vor allem im sozialen Bereich umzusetzen haben, die sie vordem in der Opposition vehement abgelehnt hatte. Wird Ihre Partei da nicht zwangsläufig auf Widerstand stoßen – bei ihrer Klientel wie auch bei der eigenen Parteibasis?
Elfi Scho-Antwerpes: Es führt am Sparen ja nun mal kein Weg vorbei. Wenn wir nicht mitregieren würden, käme es womöglich noch schlimmer. So haben wir wenigstens die Möglichkeit, zu beobachten, wo das Geld hinfließt, wo es bleibt. Dabei darf dies nicht nach dem Gießkannenprinzip gehen. Institutionen und Vereine werden sich gefallen lassen müssen, dass sie überprüft werden.
taz: Die CDU hat ja bis zur Wahl mit den Grünen regiert, schwarz-grün hat drastische Sparmaßnahmen beschlossen. Hat die SPD in den Koalitionsgesprächen etwa für den Kulturbereich noch etwas rausholen können?
Elfi Scho-Antwerpes: Im Kulturbereich haben wir bei den Koalitionsgesprächen eigentlich alles durchgekriegt, was wir wollten. Da haben wir uns als SPD sehr gut positioniert.
taz: Bei der Besetzung des Amtes des Kulturdezernenten hat Schwarz-Grün nicht gerade eine glückliche Figur gemacht. Jetzt haben SPD und CDU eine Findungskommission eingerichtet. Wäre es nicht besser gewesen, in diese Kommission nicht nur die beiden Koalitionäre, sondern alle Parteien einzubeziehen?
Elfi Scho-Antwerpes: Also, erst einmal finde ich es hervorragend, dass wir eine Findungskommission haben. Damit sich eine solch peinliche Situation wie im vergangenen Frühjahr nicht wiederholt. Eine gute Voraussetzung ist, dass dieses Gremium aus Kulturleuten besteht, die aus der ganzen Republik kommen. Die Vorlage dieser Fachleute sollte von jenen studiert werden, die in der Stadt das Sagen haben. Und die sollten letzten Endes auch darüber entscheiden. Doch, das finde ich Ordnung so.
taz: Studieren und entscheiden werden die beiden Koalitionäre, sagen Sie. Werden denn SPD und CDU das Findungsergebnis dieser Fachleute respektieren, wird diese Kommission tatsächlich das Gewicht haben, das ihr die Kölner Koalition jetzt vollmundig zuschreibt?
Elfi Scho-Antwerpes: Ja, ein sehr großes. Wir haben ausdrücklich Wert darauf gelegt, dass diese Kommission einen sehr großen Stellenwert haben wird. Und dann wird sich die Politik dem Vorschlag dieser Kommission kaum entziehen können. Ich sehe dadurch gute Chancen, zu einem guten Ergebnis zu kommen und die Kultur in dieser Stadt wieder gut zu besetzen. Da sind ja Dinge seit Ewigkeiten überfällig, müssen dringend geregelt werden.
taz: Wenn sich nun aber die Kommission für eine Person entscheidet und die Politik will dem partout nicht folgen. Was würde das für die Koalition bedeuten?
Elfi Scho-Antwerpes: Das können wir uns schlicht nicht erlauben. Noch tiefer können wir gar nicht mehr sinken. Wir brauchen in Köln einen Neuanfang für die Kultur. Und dafür brauchen wir keine prominente, sondern zu allererst eine qualitativ hochwertige Persönlichkeit im Amt des Kulturdezernenten. Für ganz wesentlich halte ich im Übrigen die Verknüpfung mit der Wirtschaft. Die hat ja in der Vergangenheit nicht ausreichend stattgefunden am Beispiel der Raumsituation für Künstlerinnen und Künstler. Jetzt sind wir da zum Glück auf einem guten Weg.
taz: Eine letzte Frage. Sie sind neu im Rat, neu im Job als Bürgermeisterin. Haben Sie sich Ihre Aufgabe so vorgestellt oder bereuen Sie es schon, angetreten zu sein?
Elfi Scho-Antwerpes: Nee, ich bin mit Leib und Seele Bürgermeisterin.
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zur person: elfi scho-antwerpes
Elfi Scho-Antwerpes (53) sitzt seit dem Herbst 2004 für die SPD im Kölner Stadtrat. Als Bürgermeisterin und zweite Stellvertreterin des Oberbürgermeisters engagiert sie sich im Bereich Soziales, Kultur und Integration. Die Architektin und Mutter zweier Kinder ist Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Lindenthal, Kreisvorsitzende des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und seit vielen Jahren im Vorstand der Kölner Aidshilfe. Das Gespräch fand in den Redaktionsräumen der taz Köln statt.
Henk Raijer
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Autor: Pascal Beucker, Dirk Eckert, Frank Überall