Nahverkehr auf Partnersuche

Der Verkauf des Verkehrsunternehmens Wupper-Sieg wurde zwar ausgesetzt. Doch die Kreisverwaltung such weiter nach einem starken, strategischen Partner für 'Wupsi'

taz köln / taz nrw, 30.10.2003, Nr. 156, S. 3

taz köln taz nrw taz ruhr

Wieder ein Erfolg für die Gegner der Privatisierung öffentlichen Eigentums: In Leverkusen hat die Gewerkschaft verdi jetzt mehr als 5.000 Unterschriften gegen den Verkauf der Verkehrsunternehmens Kraftverkehr Wupper-Sieg (KWS) gesammelt. Ergebnis: Die Stadt, die 50 Prozent an der „Wupsi“ hält, hat den Verkauf von Anteilen erst mal zurückgestellt.

Christa Nottebaum, Bezirksgeschäftsführerin im verdi-Bezirk Rhein-Wupper vermutet allerdings wahltaktische Gründe hinter dem Verkaufststop: Im September nächsten Jahres sind in Nordrhein-Westfalen Kommunalwahlen. Die entscheidende Frage lautet für sie deshalb: „Wie sieht es nach der Wahl mit dem Erhalt der Wupsi in öffentlicher Hand aus?“

Tatsächlich ist die Gefahr eines Verkaufs der Wupsi keineswegs gebannt. Der Rheinisch Bergische Kreis, mit 50 Prozent der andere Eigentümer der KWS, hat vor knapp zwei Jahren die Unternehmensberatung „Pröpper & Comp.“ beauftragt, die Umstrukturierung des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs zu begutachten. Das Ergebnis der Berliner Experten war eindeutig: „Demnächst müssen wir sämtliche Linien europaweit ausschreiben“, sagt Birgit Bär, Pressesprecherin des Rheinisch Bergischen Kreises. Die EU-Kommission überarbeite gerade eine entsprechende Richtlinie. Hinzu komme ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom Juli 2003, wonach Zuschüsse einer Kommune das Unternehmen nicht „in eine günstigere Wettbewerbsstellung“ bringen dürften.

Stimmt die Einschätzung der Experten, müssten Verkehrsbetriebe in öffentlichem Eigentum wie die Wupsi mit privaten Anbietern konkurrieren, die deutlich billiger sind. „Öffentliche Verkehrsunternehmen sind nicht wettbewerbsfähig“, so Bär. Der Rheinisch Bergische Kreis gebe schon jetzt 6 Millionen Euro im Jahr aus, um die Verluste seiner Verkehrsunternehmen auszugleichen. An den Ursachen lassen die Gutachter keinen Zweifel: Es sind die hohen Löhne, die die Wupsi – „ein gut geführtes Unternehmen“, wie Bär betont – teuer machen. Gewerkschafterin Nottebaum fürchtet denn auch, dass letztlich Arbeitsplätze abgebaut oder die Löhne gesenkt werden. „Beides geht auf Kosten der Arbeitnehmer.“ Die KWS-Tochter Herweg zahle schon jetzt „Dumpinglöhne“ und weigere sich, den Flächentarifvertrag zu übernehmen.

Der Rheinisch Bergische Kreis, der mit 50 Prozent an KWS und mit 12,5 Prozent an der Regionalverkehr Köln (RVK) beteiligt ist, zittert bereits. „Das Schlimmste wäre, dass wir Aufträge an ein fremdes Unternehmen vergeben müssen“, so Bär. Denn dann würde ein fremdes Unternehmen profitieren, die Kommune aber müsste die Verluste des kreiseigenen Unternehmens tragen, das den Auftrag nicht erhalten hat. Für die Unternehmensberater gibt es deshalb nur eine logische Konsequenz: Der Rheinisch-Bergische Kreis solle sich gänzlich von seinen Beteiligungen an Verkehrsunternehmen trennen.

So weit geht die Kreisverwaltung aber noch nicht. Gegenwärtig werden Sondierungsgespräche mit möglichen Investoren geführt, wie Pressesprecherin Bär bestätigt. „Im Rahmen unserer Fürsorgepflicht wollen wir rechtzeitig Maßnahmen treffen, damit KWS im internationalen Wettbewerb bestehen kann und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.“ Die KWS selbst befürwortet einen „starken strategischen Partner“, so Marc Kretkowski, Mitglied der Geschäftsleitung. Das Unternehmen wolle sich „offensiv auf den Wettbewerb vorbereiten“, um auch auf „umliegenden Märkten“ tätig werden zu können.


Autor: Dirk Eckert