junge Welt, 08.08.2002, S. 7
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Afrika steht abermals vor einer Hungerkatastrophe. Allein in Simbabwe sind rund sechs Millionen Menschen, fast die Hälfte der Bevölkerung, von der Nahrungsmittelknappheit betroffen. Insgesamt sollen 18 Millionen Menschen im südlichen Afrika bedroht sein. Die Lage könnte sich im September noch zuspitzen, wenn nicht sofort Nahrungsmittel verteilt werden, warnen Beobachter.
Die U.S. Agency for International Development (USAid) ist eine von vielen Hilfsorganisationen, die Nahrungsmittel in die Region liefert. Doch eines ihrer Schiffe mit 17500 Tonnen Mais für Simbabwe liegt seit Ende Juli im Hafen von Durban in Südafrika – die Regierung in Harare verweigerte die Annahme. Denn der Mais aus den Vereinigten Staaten ist gentechnisch verändert. Simbabwe befürchtet, daß der Gen-Mais der Hilfslieferung in die Landwirtschaft geraten könnte. In dem afrikanischen Land wird Nahrungsmittelhilfe traditionell auch als Saatgut verwendet.
Simbabwe steht mit seiner Haltung keineswegs allein. Malawi soll amerikanischen Gen-Mais mit der Begründung als Hilfe akzeptiert haben, daß das Land keine Wahl habe. Moçambique hat den Transport von Gen-Mais durch das eigene Land nach Malawi nur unter einer Bedingung erlaubt: Der Mais muß gut verpackt sein, so daß keine Körner in die Natur gelangen können.
Die afrikanischen Länder fürchten die Folgen der Lieferung von Gen-Mais: Möglicherweise könnten sie nie wieder Mais oder Rindfleisch in die EU oder bestimmte asiatische Länder exportieren, in denen der Import von gentechnisch veränderten Produkten verboten ist. Außerdem könnte mit der Nahrungshilfe der Weg für die Konzerne geebnet werden, die die Patente auf gentechnisch veränderte Produkte innehaben. Millionen Bauern, die bisher einen Teil der Ernte für die nächste Saat aufbewahren und auf diese Weise autark sind, würden auf diese Weise in Abhängigkeit von Konzernen aus der »Ersten Welt« geraten.
Die USA und ihre Hilfsorganisation USAid sind auf solche Bedenken nicht eingegangen. »Es ist dasselbe Essen, das Amerikaner jeden Tag essen. Es ist dasselbe Essen, das von der Environmental Protection Agency genehmigt wurde«, versuchte Roger Winter von USAid die Bedenken gegen gesundheitliche Schäden durch Gen-Mais zu zerstreuen. Außerdem hätten die USA keine Nahrungsmittel zur Verfügung, die nicht aus gentechnisch veränderten Organismen bestünden.
Das Problem in Simbabwe ist inzwischen gelöst: Die USA haben einem Bericht der britischen BBC zufolge offenbar die Bedingung von Simbabwes Präsident Robert Mugabe akzeptiert, den Mais vorher zu mahlen. So will Simbabwe sicherstellen, daß der Mais ausschließlich zum Verzehr verwendet wird. Die USA hatten diese Lösung ursprünglich abgelehnt, weil das Mahlen zusätzliche Kosten verursache und außerdem der Mais nicht mehr so lange haltbar sei. Ob der Mais in Simbabwe oder außerhalb gemahlen wird, wurde nicht bekannt. Eine Sprecherin der US-Botschaft in Harare bestätigte aber, daß darüber in einer Arbeitsgruppe verhandelt wurde.
Autor: Dirk Eckert