Bietmann entdeckt sein Herz

Der Kölner Flüchtlingsrat glaubt dem CDU-Politiker die Richtungsänderung in der Flüchtlingspolitik nicht

taz köln, 13.06.2002, Nr. 102, S. 1

taz köln

CDU-Fraktionschef Rolf Bietmann, bisher einer der Hardliner zum Thema Flüchtlingsunterbringung, überraschte nach einem Ortstermin am Kalker Containerlager mit neuen Tönen: Von „Zwangsbetreuung“ war plötzlich die Rede, und dass ein Leben unter solchen Bedingungen die Menschen „auf Dauer krank“ mache. Spätestens in einem halben Jahr müsse eine neue Lösung für die derzeit 224 Flüchtlinge im Lager gefunden werden. Bereits Mitte Mai hatte die Verwaltung angekündigt, den Betrieb des Containerlagers mindestens bis Oktober zu Verlängern.

Der Kölner Flüchtlingsrat will sich von solchen Worten nicht blenden lassen. Dass überhaupt in Erwägung gezogen würde, das Lager bis Ende Oktober fortbestehen zu lassen, sei „schon skandalös“, so Geschäftsführer Claus-Ulrich Prölß. Mit einer Taktik der „zeitlichen Staffelung“ verschärfe Bietmann die Situation weiter.

Für die nächste Ratssitzung am 20. Juni stellt die PDS den Antrag, die Verwaltung mit der kurzfristigen Auflösung des Containerlagers zu beauftragen und dezentrale Wohneinheiten für die Flüchtlinge anzumieten. Neben der Kölner GAG und anderen Wohnungbau-Genossenschaften sollten auch Bundes- und Landesunternehmen Wohnraum zur Verfügung stellen.

Dass es in Köln freien Wohnraum gibt, zeigte die Initiative „Kein Mensch ist illegal“ mit einer Hausbesetzung in Bilderstöckchen. Rund 100 Wohnungen, zum Teil bezugsfertig, stünden dort seit Jahren leer. Inzwischen sind die Hausbesetzer wieder abgezogen und warten darauf, dass Bietmanns CDU den Worten Taten folgen lässt.


Autor: NINA MAGOLEY / DIRK ECKERT