Schuhe putzen fürs Studium

Mit originellen Aktionen protestieren Studentinnen und Studenten gegen die geplanten Studiengebühren. Heute wird in Köln demonstriert, am Samstag zentral in Düsseldorf

taz köln, 06.06.2002, Nr. 101, S. 1

taz köln

Wiebke und Bea stehen auf der Schildergasse, in den Händen schwarze und weiße Schuhcreme. Auf dem Rücken tragen sie Schilder, auf denen steht: „Schuhe putzen: 0,20 Euro“. Und darunter: „NRWs Finanzpläne treiben uns ans Existenzminimum“. „Wenn die Studiengebühren kommen, kann sich ein Studium nur noch leisten, wer viel Geld hat“, klagt Wiebke und bürstet einem Passanten den weißen Turnschuh. Andere Studenten waschen derweil am Neumarkt Autoscheiben.

50 Euro Einschreibgebühr pro Semester für jeden Studenten, 650 Euro für Langzeit- und Seniorenstudenten: Diese Pläne der Landesregierung lassen derzeit die Studenten in ganz NRW auf die Barrikaden gehen. „Wir sind nicht dazu da, den Landeshaushalt zu sanieren“, beschwert sich Kolja Arz, Vorsitzender des Allgemeinen Studierenden-Ausschusses (AStA) an der FH Köln. „Wir sollen bluten für die Steuergeschenke an Telekom, Bayer und RWE“, die das Haushaltsloch von 1,4 Milliarden Euro verursacht haben, heißt es im Demo-Aufruf. Der Kölner Markus Struben vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) fordert auch künftig kostenfreien Zugang zu Bildung für alle. „Die geplanten Studiengebühren und die Kürzungen bei den Studentenwerken müssen schnellstens zurückgezogen werden“, schließt sich ihm Carsten Kratz vom Uni-AStA an.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, haben die meisten Kölner Studenten für diese Woche den Ausstand erklärt. An der Uni fallen – mit wenigen Ausnahmen – bis Montag Seminare und Vorlesungen aus, Streik und Protestaktionen ersetzen das Vorlesungsprogramm. Auch die Sporthochschule hat „mit großer Mehrheit“ einen einwöchigen Streik beschlossen, die Kölner Fachhochschule will heute darüber in einer Vollversammlung abstimmen.

Wiebke und Bea haben innerhalb von zwei Stunden fast 20 Passanten die Schuhe geputzt – das dürfte für die neuen Studiengebühren kaum reichen.

Für heute haben die Kölner Hochschulen eine gemeinsame Demonstration geplant (12.30 Uhr Albertus-Magnus-Platz, 14 Uhr Heumarkt). Mit bis zu 4000 Teilnehmern wird gerechnet.

Am Samstag soll in Düsseldorf der zentrale Protest stattfinden. Gestreikt wird derzeit unter anderem auch in Siegen, Düsseldorf, Essen, Bielefeld und Wuppertal. Der AStA der Uni Bochum schätzt, dass bei Studiengebühren die Studentenzahl um 20 Prozent sinkt.


Autor: Dirk Eckert / Christoph Scheuermann