Berlin lobt, Köln kürzt

Öffentlichkeit gegen Gewalt e.V. erhielt Preis vom Bündnis für Demokratie und Toleranz. Kölner Ratsmehrheit streicht fast 90 Prozent der Gelder

taz köln, 21.03.2002, Nr. 92, S. 3

taz köln

Als „vorbildlich und nachahmenswert“ zeichnete das Bündnis für Demokratie und Toleranz den Kölner Verein Öffentlichkeit gegen Gewalt (ÖgG) aus. Er erhielt den Preis im Wert von 5.000 Euro für seine beiden Projekte AntiDiskriminierungsBüro (ADB) und Mülheimer Dialog.

Das Bündnis für Demokratie und Toleranz der Bundesregierung wird von allen Bundestagsfraktionen getragen. „Arbeit vor Ort soll belohnt werden“, erklärte Leo Monz, Mitglied im Beirat des Bündnisses, bei der Preisverleihung am Montag in Köln. Bundesweit seien dieses Jahr 40 Projekte ausgezeichnet worden.

Gabriele Metzner von ÖgG freute sich über das Preisgeld. „Damit können wir zwei Monate je eine halbe Honorarstelle finanzieren“. Mohammad Heidari vom Mülheimer Dialog wertete die Auszeichnung als „Anerkennung der Arbeit“, die die Mitarbeiter in den Projekten größtenteils ehrenamtlich leisteten.

Der Verein wurde 1992 von rund 500 Kölner BürgerInnen gegründet, die Rassismus und rassistische Anschläge nicht länger tatenlos hinnehmen wollten. Aus einem Notruftelefon gegen rassistische Übergriffe wurde schnell eine Beschwerdestelle. Das Antidiskriminierungsbüro war geboren.

Zu tun gibt es bis heute genug. ADB-Mitarbeiterin Susanne Laarousi verwies auf Frauen, die wegen ihres Kopftuches beim Arzt nicht behandelt würden, oder auf Jugendliche, die von der KVB bei der Fahrkartenkontrolle schikaniert würden. Das ADB bemühe sich, solche Fälle öffentlich zu machen, denn die alltägliche Diskriminierung sei vielfach gar nicht so bekannt: „Die Medien zeigen – zurecht – vor allem die Neonazis.“

Mit dem Mülheimer Dialog solle verhindert werden, dass soziale Konflikte kulturalisiert würden, erklärte Heidari. Genau das warf er der regierenden CDU vor: „Dem türkischen Industriellen wird gesagt, dass Köln eine multikulturelle Stadt ist, aber in den Stadtteilen werden die sozialen Konflikte ethnisiert“.

Heidaris Einschätzung wurde einen Tag später bestätigt. Der Kölner Rat kürzte die Mittel des „Aktionsprogramms gegen Rechtsextremismus und für ein friedliches Zusammenleben“ von rund 650.000 auf 70.000 Euro. Aus dem Topf wurden auch die Stellen des ADB finanziert.


Autor: DIRK ECKERT