Mehr Soldaten statt Diplomaten – US-Engagement in Afrika

Streitkräfte und Strategien (NDRInfo), 08.09.2018

NDR Radio

Es sah alles nach einem guten Einstand aus, als Donald Trump im September vergangenen Jahres  am Rande der UN-Vollversammlung mit Vertretern afrikanischer Staaten sprach. Afrika entwickele sich großartig, lobte der US-Präsident bei einem Arbeitsessen. Terroristische Gruppen wie Al-Shabab, Boko Haram, den Islamischen Staat und Al-Qaida werde man gemeinsam bekämpfen und ihre Finanzquellen trockenlegen, versprach er:

O-Ton Trump (overvoice)

„Ich sehe hier Partner, um Wohlstand und Frieden zu verbreiten. Das betrifft die Wirtschaft und humanitäre und sicherheitspolitische Themen. Wir wollen unsere ökonomische Partnerschaft ausbauen mit Ländern, die sich der Selbstständigkeit verschrieben haben. Und wir wollen Arbeitsplätze schaffen – sowohl in Afrika als auch in den Vereinigten Staaten. Afrika hat ein enormes wirtschaftliches Potenzial. Ich habe so viele Freunde, die in Ihre Länder gehen, um dort reich zu werden. Ich gratuliere Ihnen dazu. Sie geben eine Menge Geld aus.“

Doch was Donald Trump hier an Beziehungen aufgebaut hatte, machte er wenige Monate später selbst wieder zunichte. Warum so viele Migranten aus Dreckslochstaaten in die USA kommen, habe er bei einem Treffen mit Senatoren gefragt – so wurde es jedenfalls nachher berichtet. In Afrika fühlten sich einige angesprochen und waren so empört, dass Trump Abbitte leisten musste. „Ich möchte unterstreichen, dass die Vereinigten Staaten die Menschen in Afrika tief respektieren“, schrieb er in einem Brief an die Afrikanische Union. Und dann schickte er seinen damaligen Außenminister Rex Tillerson nach Afrika, der in einer Grundsatzrede die Bedeutung des Kontinents betonte:

O-Ton Tillerson (overvoice)

„Afrika erlebt ein bedeutendes Wirtschaftswachstum. Die Weltbank schätzt, dass sechs der zehn am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften der Welt in Afrika sein werden. So wird Nigeria etwa im Jahr 2050 eine größere Bevölkerung haben als die Vereinigten Staaten und eine größere Volkswirtschaft als Australien. Um zu verstehen, wie sich die Welt entwickelt, muss man verstehen, dass Afrika ein bedeutender Teil der Zukunft ist. Afrikanische Länder werden eine größere Rolle spielen bei der globalen Sicherheit und Entwicklung. Und sie werden wachsende Möglichkeiten für wirtschaftliches Wachstum und Einfluss haben.“

Damit trat Tillerson auch Kritik im eigenen Land entgegen. Schließlich hatte Donald Trump seinen Wahlkampf unter dem Motto „America First“ geführt. Nach seinem Wahlsieg wurden deshalb Befürchtungen laut, dass sich das in Budgetkürzungen für alles Auswärtige niederschlagen werde und damit auch die Beziehungen zu Afrika beschädigen könne. In einem Offenen Brief sprachen sich im Februar 2017 121 hochrangige frühere Militärs gegen Kürzungen bei der Auslandshilfe aus. Das Militär werde den Kampf gegen Terrorismus auf dem Schlachtfeld anführen, aber man brauche dafür starke zivile Partner, um die Ursachen des Extremismus zu bekämpfen, denn das seien – Zitat – „fehlende Chancen, Unsicherheit, Ungerechtigkeit und Hoffnungslosigkeit“.

Kürzungen wirken also kontraproduktiv, so die Befürchtungen. Dennoch sind auch im Haushaltsentwurf 2019 für das Außenministerium und die internationale Zusammenarbeit 29 Prozent weniger Mittel vorgesehen, während der Verteidigungshaushalt um 13 Prozent wachsen soll. Der Kongress wird das zwar kaum so durchwinken, doch die Tendenz unter Trump ist deutlich: Weniger Geld für nicht-militärische Zwecke, aber mehr für militärisches Engagement, weswegen Kritiker von einer militarisierten Afrika-Politik sprechen. Gerade in Westafrika sind die USA immer stärker präsent, auch mit Soldaten. Hier verlaufen seit einigen Jahren wichtige Routen für den Drogenschmuggel. So wird Kokain aus Bolivien, Peru und Kolumbien nach Westafrika gebracht und von dort durch die Sahara bis ans Mittelmeer und dann nach Europa. Davon profitierten lokale islamistische Milizen, die sich teilweise dadurch finanzieren und den internationalen Terrornetzwerken Islamischer Staat und Al-Qaida angeschlossen haben.

Es ist aber nicht nur der Terrorismus, der dazu geführt hat, dass  Washington den Blick auf Westafrika gerichtet hat. Mit Nigeria zum Beispiel werden schon lange gute Beziehungen gepflegt, sagt der Nigeria-Experte Heinrich Bergstraesser: In den USA lebten viele Nigerianer, umgekehrt geben sich Kongressabgeordnete und amerikanische Militärs in Nigeria die Klinke in die Hand. Dahinter stünden auch strategische Interessen, so Bergstraesser: Nigeria besitzt große Erdgasvorkommen, die für die USA spätestens dann interessant werden, wenn das Fracking-Erdgas ausgeht.

O-Ton Bergstraesser

„Und in dem Kontext müssen wir einfach auch wissen, dass die USA vor 9/11 schon ein Strategiepapier verabschiedet hatten, das besagte, dass eben mehr Öl und Gas aus dieser Region in die USA importiert werden muss, weil der Arabische Golf und der Persische Golf relativ unsicher waren. Und natürlich, wenn man sich die Weltkarte anschaut, ist es natürlich relativ einfach und schnell, aus der westafrikanischen Region die Ressourcen Öl und Gas in die USA zu transportieren. Denn die meisten Raffinerien, verarbeitendes Öl-Gewerbe usw., ist ja an der Ostküste. Das heißt also, innerhalb weniger Tage kann ich ein Schiff von Westafrika in die USA fahren lassen.“

Auch in anderen westafrikanischen Ländern bleiben die USA präsent. Es wurde ein Militärabkommen mit Ghana abgeschlossen, das dem US-Militär etwa das  Recht gibt, den Flughafen zu nutzen. Im Gegenzug sagten die USA Militärhilfe für Ausbildung und Ausstattung im Wert von 20 Millionen Dollar zu. Die Opposition verurteilte das Abkommen als Angriff auf die Souveränität des Landes. Die amerikanische Botschaft in Ghana versicherte deshalb, es handele sich um kein Stationierungsabkommen und US-Soldaten hätten damit nicht das Recht, ghanaischen Boden ohne Erlaubnis der dortigen Regierung zu betreten.

Inzwischen befinden sich über 6.000 US-Soldaten auf dem afrikanischen Kontinent. Das hat  die amerikanische Öffentlichkeit aber erst realisiert, als am 4. Oktober vergangenen Jahres vier Soldaten in Niger in einem Gefecht mit IS-Kämpfern getötet wurden. Heinrich Bergstraesser glaubt nicht, dass sich die USA unter Donald Trump aus Afrika zurückziehen. Zumal mit China und Indien zwei weitere Großmächte in Afrika aktiv sind.

O-Ton Bergstraesser

„Die beiden großen Akteure aus dem asiatischen Raum drängen verstärkt nach Afrika und auch nach Westafrika. Das darf man nicht unterschätzen und das haben auch die USA verstanden. Und von daher werden die sicherlich ihre Militärpräsenz auf dem bisherigen Stand auch halten.“

Inzwischen fand der sechste Gipfel der afrikanischen Landstreitkräfte statt. Eingeladen hatten Nigerias Streitkräfte und die US-Armee gemeinsam. In der nigerianischen Hauptstadt Abuja diskutierten afrikanische Militärs über Themen wie Geiselbefreiung, Terrorismusbekämpfung und regionale Sicherheit.

Außerdem hat US-Präsident Trump inzwischen den Tschad wieder von der Liste muslimischer Staaten gestrichen, gegen die er einen Einreisebann verhängt hatte. Pentagon und Außenministerium hatten sich dafür eingesetzt, da der Tschad im Antiterrorkampf wichtig ist und ein Einreiseverbot ohnehin nur die politische Elite des Landes betroffen hatte, weil sich die einfache Bevölkerung USA-Reisen gar nicht leisten kann.

Außerdem hat Trump den Verkauf von 12 Militärflugzeugen an Nigeria gebilligt. Die Flugzeuge dienen zur Aufklärung, sie  können aber auch bewaffnet werden und so die nigerianischen Streitkräften am Boden im Kampf gegen Boko Haram unterstützen. Trump machte damit eine Entscheidung seines Amtsvorgängers Barack Obama rückgängig. Der  hatte den Verkauf  aus Sorge um die Einhaltung der Menschenrechte gestoppt. Der Grund: Die nigerianische Luftwaffe hatte im Januar 2017 ein Flüchtlingslager bombardiert. Donald Trump hat solche Bedenken nicht.

 


Autor: Dirk Eckert