Viele Ziele erreicht – Dirk Eckert mit einer Wiedervorlage über atomare Abrüstung

Politikum (WDR5), 17.05.2016

Kommentar Radio WDR

Eine Welt ohne Atomwaffen – das war die große Vision, mit der Barack Obama die Welt im April 2009 überraschte. Vor der Prager Burg sprach er aus, was so noch kein amerikanischer Präsident gesagt hatte und wofür er später den Friedensnobelpreis bekam – dass Atomwaffen abgeschafft werden sollten:

O-Ton Obama (obama-prag) (overvoiced):

„Daher bekunde ich heute klar und mit Überzeugung, dass die Vereinigten Staaten entschlossen sind, sich für den Frieden und die Sicherheit einer Welt ohne Atomwaffen einzusetzen. Dieses Ziel wird nicht schnell erreicht werden – möglicherweise nicht zu meinen Lebzeiten. Es wird Geduld und Beharrlichkeit erfordern. Aber jetzt müssen auch wir die Stimmen ignorieren, die uns sagen, dass die Welt sich nicht ändern kann.“

Liest man die Prager Rede heute nochmal nach, dann fällt auf: Obama hat sein Programm teilweise bemerkenswert genau abgearbeitet. Wie angekündigt wurde der New-Start-Vertrag unterzeichnet, der die Zahl der strategischen Atomwaffen begrenzt. Ebenfalls erreicht hat Obama ein Atomabkommen mit dem Iran. Das wurde zwar von Gegnern als Einknicken gegenüber Teheran denunziert, ist aber in Wirklichkeit eines der bedeutendsten Rüstungskontrollabkommen der jüngeren Geschichte. Es sieht umfangreiche Kontrollen vor, wie sie so noch nicht gab. Und es funktioniert bislang.

Mehr Kontrollen konnte Obama auch beim Umgang mit radioaktiven Materialien durchsetzen, damit diese nicht Terroristen in die Hände fallen: Bereits zum vierten Mal fand deshalb in diesem Jahr ein Gipfel zur nuklearen Sicherheit statt. Einiges hat Obama aber auch nicht erreicht: So setzt Nordkorea immer noch auf Atomwaffen. Und die USA haben den Vertrag über das Verbot von Atomtests bislang nicht ratifiziert.

Am schlimmsten aber ist, dass Obama den oppositionellen Republikanern einen hohen Preis für ihre Zustimmung zum New-Start-Vertrag zahlen musste. Die Konsequenz: In den nächsten 30 Jahren soll das gesamte Atomwaffenarsenal der USA von Grundauf erneuert werden. Milliarden von Dollar sollen ausgegeben werden, um neue Sprengköpfe und Trägersysteme, also Langstreckenraketen und Marschflugkörper, Flugzeuge und U-Boote anzuschaffen.

Außerdem hat sich durch die Krise in der Ukraine das Verhältnis zu Russland massiv verschlechtert. Der Rüstungskontrollexperte Ulrich Kühn vom Hamburger Institut für Friedensforschung und Sicherheit zieht deswegen ein vernichtendes Fazit:

O-Ton Kühn (ulrich-kuehn-ziel):

„Heute sind wir von dem Ziel einer nuklearwaffen-freien Welt mindestens genau so weit entfernt wie damals zur Prage Rede von Obama. Vielleicht sogar, wenn man sich das Verhältnis gegenüber Russland anschaut und die erneute Konfrontation des Westens mit Russland, sind wir wahrscheinlich noch weiter entfernt von diesem Ziel.“

Russland will seine Atomwaffen nun ebenfalls modernisieren, den Gipfel zur Nuklearsicherheit hat es leider boykottiert. Die Chancen auf neue Abrüstungsverhandlungen stehen auch deshalb schlecht. Immerhin besucht Obama demnächst Hiroshima. Damit setzt er wenigstens noch ein symbolisches Zeichen für Abrüstung.


Autor: Dirk Eckert

Quelle: http://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-politikum-satire/index.html

MP3: http://podcast-ww.wdr.de/medp/fsk0/111/1119142/wdr5politikum_2016-05-17_wdr5politikumganzesendung17052016_wdr5.mp3