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Die Vereinigten Staaten haben schon länger ein Auge auf Afrika geworfen. Unter dem Eindruck der Anschläge vom 11. September 2001 riefen sie ein militärisches Partnerprogramm ins Leben, das seit 2005 als Trans-Sahara-Anti-Terror-Initiative geführt wird. Ziel ist es, lokale Armeeeinheiten in Afrika zu Anti-Terror-Einheiten auszubilden.
2008 stellten die US-Streitkräfte sogar ein eigenes Regionalkommando für Afrika auf, das Africom. Seinen Sitz bekam das Africom zunächst in Deutschland, in Stuttgart, nachdem sich kein afrikanisches Land bereit gefunden hatte, die amerikanische Einsatzzentrale aufzunehmen. Das Africom ist nur für den afrikanischen Kontinent zuständig, auch die amerikanischen Ausbildungsprogramme für afrikanische Streitkräfte laufen nun über Stuttgart.
Seither knüpft das Africom Kontakte zu afrikanischen Militärs. US-Militärberater gehen auf vielen afrikanischen Flughäfen ein und aus und schulen lokale Militärs im Kampf gegen islamistische Kämpfer, die von Marokko im Westen über die Sahel-Zone bis nach Somalia im Osten aktiv sind. Nicht immer werden dabei US-Soldaten geschickt: Für Spionageflüge wurden auch schon Sicherheitsdienstleister angeheuert, sogenannte Private Contractors.
Auch mit der malischen Armee arbeiteten die Vereinigten Staaten zusammen, bevor das Land in die jetzige Krise geriet. Africom-Sprecher Benjamin Benson:
O-Ton Benson (benson-uebungen):
„Einige malische Soldaten haben auch an Ausbildungsprogrammen in den Vereinigten Staaten teilgenommen. Mali hat auch regelmäßig Militärübungen wie Exercise Flintlock und Africa Endeavor mitgemacht. Sie wurden auch zu US-Militärkonferenzen eingeladen.“
Allerdings waren auch US-Spezialkräfte selbst in Mali aktiv. Die Öffentlichkeit erfuhr das eher beiläufig im vergangenen Jahr, als dort drei US-Soldaten sowie drei Frauen in einem Wagen tödlich verunglückten. Die Frauen waren laut einem Bericht der „Washington Post“ marokkanische Prostituierte, was die US-Regierung mehr schlecht als recht dementierte.
Doch das ist nur ein Beispiel für eine schief gelaufene Operation der Vereinigen Staaten in Afrika. Vieles lief in den vergangenen Jahren nicht wie geplant – oder hatte Folgen, die nicht beabsichtigt waren. Das fängt beim Africom selbst an: Es sollte angeblich kein normales Regionalkommando werden, das Kriege führt, sondern eines, das Kriege verhindert. Mit solchen vollmundigen Versprechungen wurde das Africom nach seiner Gründung angepriesen.
Doch es kam anders: In Libyen kam es 2011 zum Volksaufstand gegen den dortigen Diktator Ghaddafi, Frankreich unterstützte die Rebellen militärisch, ebenso die USA. Und so führte das Africom nur zwei Jahre nach seiner Gründung seinen ersten Krieg in Afrika. Zunächst mit Erfolg: Ghaddafi wurde gestürzt. Aber der Krieg hatte Folgen, die nicht geplant waren: Krieger des Nomaden-Volkes der Tuareg, die bis dahin in Ghaddafis Diensten waren, machten sich nun mit ihren Waffen auf nach Mali. Dort verbündeten sie sich mit militanten Islamisten und brachten den Norden Malis unter ihre Kontrolle. Anschließend wehte die schwarze Fahne der islamischen Glaubenskrieger über Timbuktu.
Die malische Armee konnte die Abspaltung des Nordens nicht verhindern, aller Ausbildungshilfe zum Trotz. Stattdessen putsche im April 2012 ein Offizier, der auch in den Genuss von US-Ausbildungshilfe gekommen war, gegen die malische Regierung. Der Africom-Oberkommandierende Carter Ham musste sich deshalb kritische Nachfragen gefallen lassen, als er Ende Januar an der Howard University in Washington ein Vortrag hielt. Bei der Ausbildung afrikanischer Einheiten habe man sich wohl zu einseitig auf militärische Praxis konzentriert, räumte er dort ein.
O-Ton Ham (overvoiced) (ham-values):
„Wir haben vermutlich nicht genügend Zeit darauf verwendet, Werte, Ethik und militärisches Ethos zu vermitteln. Wer die Uniform seines Landes anzieht, muss auch die Verantwortung dafür akzeptieren, dieses Land zu schützen und zu verteidigen. Er muss sich an die gesetzmäßige zivile Befehlsgewalt halten. Er muss sich an die Herrschaft des Gesetzes halten und sich selbst als Diener seines Landes sehen.“
Ham war es übrigens auch, der im Dezember gewarnt hatte, dass eine voreilige Intervention in Mali nur scheitern könne. Ob er Recht hatte, wird sich erst auf lange Sicht zeigen. Im Moment ist der Krieg in Mali noch ein französischer Krieg. Amerikanische Ausbildungshilfe für die malische Armee soll es vorerst nicht geben: Wie General Ham selbst betont hat, ist es dem US-Militär per Gesetz untersagt, einer Regierung zu helfen, in der Putschisten mehr oder weniger das Sagen haben – wie derzeit in Mali.
Das heißt aber nicht, dass die Vereinigten Staaten nun tatenlos bleiben: Ende Januar berichtete die “New York Times”, dass die US-Regierung mit den Mali-Nachbarn Niger und Burkina Faso über die Einrichtung von ständigen US-Drohnenstartplätzen verhandelt. Diese sollten Islamisten in der Sahara-Region überwachen, hieß es. Damit verbunden wäre dem Bericht zufolge die Stationierung von bis zu 300 Soldaten – ein Novum in Westafrika.
Autor: Dirk Eckert
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