dw-world.de, 07.06.2008, http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3391006,00.html
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Geldwäsche ist schlecht fürs Image. Das haben auch Schweizer Banken inzwischen gemerkt. Jahrzehntelang war die Eidgenossenschaft ein heißer Anlagetipp für Dritte-Welt-Diktatoren, Mafia-Bosse und Waffenhändler. Doch das soll Geschichte werden: Die Schweiz engagiert sich jetzt international gegen Geldwäsche. Und sie gibt so genannte illegale Potentatengelder zurück: Das sind Gelder, die korrupte Herrscher oder Politiker ihrem Staat geraubt haben und die heute auf Schweizer Konten liegen.
Keine anonymen Konten mehr
Rund 1,6 Milliarden US-Dollar wurden auf diese Weise in den vergangenen Jahren zurückerstattet. Diktatoren wie Marcos (Philippinen) oder Sani Abacha (Nigeria) hatten das Geld in die Schweiz gebracht. Außerdem wurden die Gesetze verschärft. Schweizer Banken müssen ihre Kunden identifizieren – und zwar nicht nur den Strohmann, der das Konto eröffnet, sondern den tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten.
Auch international engagiert sich die Schweiz gegen Geldwäsche: Sie hat das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Korruption (UNCAC) unterzeichnet. Zusammen mit UNO, der Weltbank und dutzenden anderen Staaten nimmt Bern am “Lausanne-Prozess” teil. Seit 2001 wird dort informell beraten, wie die internationale Rechtshilfe bei der Rückgabe von illegalen Gelder verbessert werden kann.
Hintertürchen Liechtenstein
Und dennoch gibt es offenbar immer noch Schlupflöcher. Die Gesetze gegen Geldwäsche reichen nicht aus, kritisiert Gian Trepp, Ökonom und Buchautor (“Swiss Connection”, “Bertelsmann. Eine deutsche Geschichte”). “Potentaten kommen heute nicht mehr mit dem Geldkoffer durch die Hintertür,” sagt er. Ein gebräuchliches Verfahren sei es, eine Stiftung in Liechtenstein zu gründen und dort das schmutzige Geld einzuzahlen. Diese lege das Geld dann in der Schweiz an.
“Geldwäsche funktioniert immer noch, obwohl es viele neue Vorschriften gibt”, ist sich Trepp sicher. “Denn die Vorschriften können alle unterlaufen werden, nämlich im Zusammenspiel mit Liechtensteiner Stiftungen.” Dem Bankenkritiker Trepp geht die Rückgabe der Potatengelder nicht schnell genug. Der Kampf gegen Korruption und Geldwäsche sei in der Schweiz mittlerweile verbürokratisiert, kritisiert er. “Es geht zu langsam voran.”
Ohne Prozess keine Rückgabe
Sehr lange dauert auch die Rückgabe der Gelder des ehemaligen Diktators von Haiti, Jean-Claude Duvalier. Rund 7,3 Millionen Franken liegen heute gesperrt auf Schweizer Bankkonten. Formelle Besitzerin ist eine Stiftung aus Liechtenstein, die seinerzeit die Mutter von “Baby Doc” Duvalier gegründet hatte. Seit seinem Sturz 1986 verlangt Haiti das Geld zurück.
Der Karibikstaat wirft dem ehemaligen Gewaltherrscher vor, systematisch Gelder von Staatsunternehmen genommen und in die Schweiz überwiesen zu haben. Die Schweiz wiederum verlangt, dass ein korrektes Rechtshilfegesuch eingereicht und Duvalier in seiner Heimat ein rechtsstaatlicher Prozess gemacht wird. Ein entsprechendes Gerichtsverfahren sei aber bis heute nicht durchgeführt worden, unter anderem weil zwischen 1991 und 1994 eine undemokratische Militärregierung in Haiti an der Macht gewesen sei, heißt es aus dem Schweizer Außenministerium.
Baby Doc blockiert
Bis zum 31. August 2008 sind die Duvalier-Gelder auf Beschluss des Bundesrates blockiert, um Zeit für eine Einigung mit Haiti zu gewinnen. Sollte es dazu nicht kommen, dann könnte das Geld am Ende doch noch dem Ex-Potentaten von Haiti beziehungsweise seiner Familie zufallen: Denn der Duvalier-Clan erhebt Anspruch auf die Millionen.
Autor: Dirk Eckert
Quelle: http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,3391006,00.html