Schäfchen irren durch die heide

Der weltjugendtag bereitet sich auf den "worst case" vor: Wenn die hangelarer heide bis september als standort nicht durchgesetzt werden kann, soll die abschlussveranstaltung woanders stattfinden

taz köln, 12.08.2004, S. 1

taz köln

Der weltjugendtag (wjt) will weiter in der hangelarer heide seinen abschlussgottesdienst durchführen. Allerdings bereitet sich der veranstalter auf den “worst case” vor, dass das gelände im rechtsrheinischen Hangelar nicht zur verfügung steht. Es würden auch alternativstandorte geprüft, bestätigt wjt-sprecher Matthias Kopp auf anfrage der taz. “Wir müssen im september völlige klarheit haben.”

Naturschutzverbände wollen auf jeden fall verhindern, dass im august nächsten Jahres 800.000 junge christen in die heide einfallen. Auch in der katholischen kirche werden stimmen laut, auf die hangelarer heide zu verzichten. “Ab einem gewissen zeitpunkt” sei es unerheblich, ob die einwände der naturschützer von einem gericht verworfen werden oder nicht, heißt es in der Kirchenzeitung für das Erzbistum Köln, die vom kölner erzbischof herausgegeben wird. Irgendwann müsse der wjt eine entscheidung treffen, und dann gebe es kein zurück mehr, warnt Robert Boecker, stellvertretender chefredakteur, in einem kommentar.

Deshalb sei es jetzt an der zeit, dass der weltjugendtag die “reißleine” ziehe und sich “unabhängig vom ausgang des möglichen gerichtsverfahrens” von hangelar verabschiede. “Es ist ja nicht so, dass die wjt ggmbh keine alternativen zu hangelar geprüft hätte.” Wjt-sprecher Kopp wollte indes keine stellung dazu nehmen, ob als alternative einer der schon geprüften, aber verworfenen standorte in frage kommt, oder ob ein gänzlich neues gelände gefunden werden soll.

Achim Baumgartner vom BUND Rhein-Sieg vermutet, dass der weltjugendtag einen neuen standort suchen werde. Schließlich sei die zweite wahl, der standort Bornheim, längst verworfen, so dass auch orte wie die rekultivierte tagebaufläche bei Bergheim oder landwirtschaftsflächen in Langel und Thenhoven, die auch im gespräch sind, nicht infrage kommen.

Die kreisverwaltung des Rhein-Sieg-Kreises hat mittlerweile grünes licht für eine weitere untersuchung der am flugplatz Hangelar gelegenen heide auf kampfmittelreste aus dem zweiten weltkrieg gegeben. Bereits im juni hat die bezirksregierung Arnsberg eine so genannte detektion durchgeführt, bei der metallische körper entdeckt wurden. Insgesamt 890 einzelobjekte sollen jetzt ausgegraben und untersucht werden.

Der BUND lehnt das ab und hat klage vor dem verwaltungsgericht Köln eingereicht. Da bei den eingriffen die grasnarbe abgestochen werden soll, seien schwere schäden zu erwarten. “Jetzt im sommer ist nicht zu erwarten, dass der rasen das überlebt”, so Baumgartner. Frühestens ab herbst könne so ein eingriff gemacht werden. Wegen der vegetationsruhe wäre der schaden dann zumindest geringer.

Gestern endete die frist, in der stellungnahmen zu der BUND-klage eingereicht werden konnten. Sollte das gericht diese abweisen, würde die bezirksregierung die detektion sofort vornehmen, sagte ein sprecher.

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Anmerkung: Am 12. August 2004 erschien die gesamte taz in gemäßigter Kleinschreibung.


Autor: Dirk Eckert