junge Welt, 17.09.2002,
Bildung, Hochschule Wirtschaft Interview junge Welt
* Der Student der Datenkommunikation nahm am Freitag am Bildungsforum von »Education is not for sale« (Bildung ist keine Ware) in Köln teil, das sich unter anderem mit dem Allgemeinen Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, GATS) und dem Europäischen Sozialforum beschäftigte
F: Wie ist die bildungspolitische Situation in Finnland?
Olli Hernberg: Nächstes Jahr sollen bei uns private Universitäten entstehen. Das wirft einige Fragen auf. Das GATS-Abkommen ist deshalb problematisch, weil es langfristig zur Gründung von Privatuniversitäten führen wird. Diese werden sicher staatliche Gelder verbrauchen.
F: Müssen Studierende in Finnland zur Zeit Gebühren für ihr Studium bezahlen?
Olli Hernberg: Nein.
F: Ist geplant, Geld von den Studierenden zu verlangen?
Olli Hernberg: Es gab mal den Plan, Gutscheine einzuführen, mit denen man für sein Studium bezahlen muß. Möglicherweise würden diese Gutscheine zu Beginn für alle Bürger Finnlands kostenlos verteilt. Das könnte zunächst mal bedeuten, daß weniger ausländische Studierende nach Finnland kämen. Im Moment gibt es sehr viele. Wir befürchten natürlich, daß die Gutscheine nach einer Weile auch für finnische Bürger nur noch gegen Geld abgegeben würden.
F: Gibt es eine studentische Bewegung gegen Studiengebühren, Privatisierung oder GATS?
Olli Hernberg: Nein. Aber viele Nichtregierungsorganisationen werben dafür, jeden mit einem anständigen Grundeinkommen zu versorgen, also etwa Erwerbslose oder Studierende, die nicht genug zum Leben haben. Das ist, wie ich finde, ein realistischeres Verfahren in einer modernen Welt, in der junge Leute nicht nur studieren, sondern gleichzeitig erwerbslos sind oder jobben gehen. Es müßte eine Art grundlegender sozialer Sicherung eingeführt werden, die alle diese Fälle abdeckt. Nicht nur ein System für Studierende.
F: Ist das GATS ein Thema in Finnland?
Olli Hernberg: Ja, in Nichtregierungsorganisationen ist es eines der Themen mit höchster Priorität.
F: Welche Aktivitäten hat es dazu bisher gegeben?
Olli Hernberg: In Finnland haben wir bereits eine Reihe lokaler Sozialforen gegründet. In drei Städten werden demnächst größere Foren folgen. Dort werden dann Themen wie GATS, und was man dagegen machen kann, diskutiert.
F: Wie beurteilen Sie Ihren Besuch beim Bildungsforum in Köln?
Olli Hernberg: Wir sind hergekommen, um mehr über die Studierendenbewegungen in Europa zu erfahren, was sie an Aktionen gegen Privatisierung planen. Jetzt wissen wir, daß es in vielen Ländern verschiedene Systeme gibt, manche besser, manche schlechter. Aber die großen Themen, Globalisierung und Freihandel, treffen uns früher oder später alle.
Autor: Dirk Eckert