philtrat, 30.09.1999, Zeitung der StudentInnenschaft der Philosophischen Fakultät der Universität Köln, nr. 30, S. 3
Bildung, Hochschule Köln philtrat
Eigentlich kein ungewöhnlicher Vorgang: Ein Professor, in diesem Fall Hans Ost, Professor für Kunstgeschichte, beantragte ein Forschungsfreisemester. Doch die studentische Vertreterin in der Engeren Fakultät, Claudia Leto, legte ein Sondervotum dagegen ein. Sie sah sich nicht in der Lage, dem Forschungsfreisemester zuzustimmen, solange nicht geklärt ist, ob und in welchem Umfang die dadurch ausfallenden Veranstaltungen vertreten werden.
Das war am 15. April diesen Jahres. Erst drei Monate später und nach einem Briefwechsel des SprecherInnenrats der Philosophischen Fakultät mit dem Rektor der Universität, Jens Peter Meincke, und nachdem der SprecherInnenrat das Wissenschaftsministerium des Landes eingeschaltet hatte, teilte Walter Pape, Dekan der Philosophischen Fakultät, dem SprecherInnenrat mit, dass eine Vertretungsregelung gefunden sei.
“Eine zusätzliche Vorlesung” und ein “zusätzliches Seminar” werde Privatdozent Günter Herzog abhalten, schrieb Pape am 31. August 1999. Im letzten Sommersemester hielt Herzog eine Vorlesung. Professor Ost hatte im letzten Sommersemester zwei Proseminare, ein Hauptseminar sowie ein Seminar “Forschungsfragen” für ExamenskandidatInnen abgehalten. Vor diesem Hintergrund hält Beate Eckstein von der Fachschaft Kunstgeschichte die Vertretungsregelung für “bedauerlicherweise unzureichend”. Das Forschungsfreisemester von Professor Ost sei dabei nicht das einzige Problem, erklärte sie gegenüber der philtrat: Hinzu komme noch, dass der Dozent Hubert Kohle das Institut verlasse, ebenso wie der Wissenschaftliche Assistent Thielemann. Insgesamt fielen daher drei Stellen weg, so Eckstein. Darunter zu leiden hätten vor allem die ErstsemesterInnen, denn in Kunstgeschichte können ErstsemesterInnen nur im Wintersemester ihr Studium beginnen.
Dabei hatte der Rektor der Universität, Meincke, in einem Brief an den SprecherInnenrat behauptet, “dass die Fakultät ein adäquates Lehrangebot gewährleistet und daher die Vertretung des Fachs Kunstgeschichte im Wintersemester 1999/2000 sichergestellt ist”. Konkretes konnte er in seinem Brief vom 2. August aber noch nicht nennen. Meincke argumentierte außerdem, dass gerade ProfessorInnen in NC-Fächern kein Forschungsfreisemester versagt werden könne, da die “Kollegen besonderen Belastungen ausgesetzt” seien.
Diese Argumentation ließ der SprecherInnenrat nicht uneingeschränkt gelten. Besonders die Tatsache, dass Forschungsfreisemester genehmigt werden, ohne dass eine Vertretungsregelung gefunden ist, stieß ihm übel auf. “Zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags” habe kein Vertretungsplan vorgelegen, erklärte Marcel Bülles vom SprecherInnenrat in einem Brief an Meincke und bezeichnete es als “erschreckend”, dass Meincke einfach behaupte, “dass die Fakultät ein adäquates Lehrangebot gewährleistet”.
Bülles wies außerdem darauf hin, dass der Landesrechnungshof (LRH) schon vor Jahren genau diese Praxis beanstandet habe (siehe auch philtrat Nr. 20, januar/februar 1998). “Bei der Gewährung von Forschungsfreisemestern (müsse) im Interesse der StudentInnen die vollständige Erhaltung des Lehrangebots gesichert werden”, habe der Landesrechnungshof geschrieben. Er stellte fest, dass “die Vertretungsregelung […] nicht hinreichend nachvollziehbar (war).” “Die Erklärung, die Vertretung sei sichergestellt, reiche ebenso wenig aus wie die pauschale Aussage, dass die Vertretung des Faches durch den Kollegen X oder die Kollegin Y erfolgen werde”, gibt Bülles den Bericht des Landesrechnungshofs wieder.
“Die gesamte Korrespondenz wird selbstverständlich dem Ministerium und anderen interessierten Stellen zugehen. Wir erwarten in Zukunft von Ihnen, dass Ihr fehlendes Interesse für die Probleme der StudentInnenschaft sich ändert”, schloss Bülles den Brief an Meincke. “Der Rektor hat mir Ihr Schreiben an ihn sowie seine Antwort an Sie zukommen lassen”, schrieb daraufhin Dekan Pape dem SprecherInnenrat. “Ich halte wie er die Form Ihres Schreiben (sic!) für absolut inakzeptabel. Ihr Umgangston erschwert eine Zusammenarbeit außerordentlich. Ich bin solchen Ton von Studentenvertretern, mit denen ich sehr gut zusammenarbeite, nicht gewohnt. Vielleicht lassen Sie sich einmal von einem Kommilitonen mit guten Manieren beraten.”
Autor: Dirk Eckert