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Gewehre, Kanonen, Flugzeuge – wer solche Waffen produziert, kann in Kriegszeiten gut verdienen. Mit den Kriegen in Afghanistan und im Irak ist nun eine neue Generation von Rüstungsfirmen entstanden: die privaten Militärdienstleister. Sie produzieren keine Waffen, ihr Geschäft machen sie vielmehr mit militärischen Dienstleistungen. Das Angebot ist umfangreich und geht vom klassischen Söldnereinsatz über Personenschutz bis hin zu Ausbildungsprogrammen und Truppenversorgung.
In den USA haben diese Firmen einen beispiellosen Aufstieg hinter sich. In großem Stil wurden bei den US-Streitkräften bestimmte Aufgaben ausgegliedert und privatisiert. Allerdings sollte der Kernbereich weiterhin unter staatlicher Hoheit bleiben – dachte man zumindest bisher. Neuesten Eingeständnissen der CIA zufolge ist die Privatisierung militärischer und staatlicher Aufgaben viel weiter fortgeschritten als bislang angenommen. CIA-Direktor Leon Panetta ließ die Bombe am 24. Juni platzen. An diesem Tag informierte er die Geheimdienstausschüsse des Kongresses über ein geheimes Programm.
Demnach begann die CIA kurz nach dem 11. September 2001 damit, Todesschwadrone aufzustellen, um Al Qaida-Mitglieder gezielt zu töten. Dabei helfen sollte ein Privatunternehmen: die bekannte Söldner-Firma Blackwater. Ihre Aufgabe sollte sein, Informationen zu sammeln, Aufklärung durchzuführen und entsprechende Einsätze vorzubereiten und zu trainieren. Eine „Lizenz zum Töten“ soll es für die privaten Dienstleister aber nicht gegeben haben. Nach dem Amtsantritt von Obama stoppte Panetta das Programm, das laut NEW YORK TIMES nie über das Trainingsstadium hinausgekommen war. Panetta beschuldigte den früheren Vize-Präsidenten Cheney, diese Planungen bewusst vor dem Kongress geheim gehalten zu haben.
Blackwater ist keine unbekannte Firma. Der Militärdienstleister gehört zu den großen Profiteuren der Kriege im Irak und in Afghanistan. Wie viel das Unternehmen durch Aufträge des US-Militärs verdiente, lässt sich nicht genau feststellen. Experten-Schätzungen gehen in die Milliarden. So schützte das Unternehmen etwa nach der Irak-Invasion für 21 Millionen Dollar den Chef der Provisorischen Verwaltung, Paul Bremer.
Kein Militärdienstleister ist in den vergangenen Jahren so in die Kritik geraten wie Blackwater. Mitarbeiter der Firma werden beschuldigt, im September 2007 im Irak 17 Zivilisten erschossen zu haben. Fünf Angestellte sind inzwischen deswegen angeklagt worden; Firmengründer Erik Prince musste 2007 vor dem Kongress aussagen und dort auch auf die Frage des Abgeordneten Danny Davis von den Demokraten antworten:
O-Ton Davis & Prince (overvoiced)
„Sie geben doch zu, dass Blackwater-Angestellte auch unschuldige Zivilisten durch Schüsse getötet haben, oder nicht?“
„Nein Sir, das stimmt nicht. Ich denke, manchmal muss man defensive Gewalt einsetzen, um sich zu schützen und sicher zu entkommen. Dabei kann es Querschläger geben, dabei kann es Verkehrsunfälle geben. Ja, es ist ein Krieg.“
Prince sagte vor dem zuständigen Kongressausschuss aber auch:
O-Ton Prince (overvoiced)
„Blackwater führt keine offensiven oder militärischen Einsätze durch. Wir erfüllen nur defensive Sicherheitsfunktionen.“
Von den geheimen Todesschwadronen erzählte Prince natürlich nicht. Nach Recherchen der NEW YORK TIMES und anderer Zeitungen hat Blackwater den Auftrag für das Todesschwadronen-Programm bekommen, ohne dass ein formeller Vertrag abgeschlossen wurde. Es soll nur Vereinbarungen mit einigen führenden Leuten von Blackwater gegeben haben, darunter Gründer Erik Prince.
Michael Hayden, CIA-Direktor von 2006 bis 2009, verteidigte die Geheimhaltung jüngst damit, das Programm sei in seiner Amtszeit nicht so wichtig gewesen. Von einem Rechtsbruch sprach dagegen die Vorsitzende des Geheimdienstausschusses des Senats, die Demokratin Dianne Feinstein. Jede bedeutende Operation der Geheimdienste müsse dem Kongress mitgeteilt werden, sagte sie im US-Fernsehen:
O-Ton Feinstein (overvoiced)
„Wären die Geheimdienstausschüsse informiert worden, hätten sie das Programm begutachten und kontrollieren können, sie hätten Berichte einfordern können und Gutachten darüber einholen. Dazu ist es aber nicht gekommen, weil wir im Dunkeln gelassen wurden.“
Im Kongress wächst die Kritik am Einsatz Privater Militärdienstleister. Deren Gewalt könne das Ansehen der US-Streitkräfte in der jeweiligen Region untergraben und damit die Bevölkerung aufwiegeln, warnte eine im Sommer veröffentlichte Studie des US-Kongresses. Dass der Geheimdienst CIA Blackwater-Dienste in Anspruch nimmt, liegt offenbar auch daran, dass ausgeschiedene Geheimdienstler sich als Blackwater-Angestellte von ihrem alten Arbeitgeber wieder anwerben ließen. Darunter waren mindestens zwei Mitarbeiter des Counterterrorismus-Zentrums der CIA. Schätzungen zufolge werden inzwischen mehr als ein Viertel der eigentlich den Geheimdiensten vorbehaltenen Aktivitäten von Beauftragten privater Dienstleister ausgeführt. Mit Firmen zusammenzuarbeiten, sei grundsätzlich für jede Behörde normal, sagte Ex-CIA-Direktor Michael Hayden am 20. August in einer Diskussion im National Press Club in Washington:
O-Ton Hayden (overvoiced)
„Wir haben private Dienstleister, weil sie über Wissen,Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, die wir nicht besitzen oder zumindest zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht gehabt haben.“
Gezielte Mordanschläge sind der CIA allerdings laut einer Präsidenten-Anordnung ausdrücklich verboten. Erlassen wurde sie 1976 von Präsident Gerald Ford nach entsprechenden Anschlägen etwa auf Fidel Castro. Die Bush-Regierung argumentierte aber, dass dieses Verbot nicht für gezielte Tötungen im Krieg gilt. Außerdem soll US-Präsident George W. Bush die CIA nach dem 11. September 2001 ausdrücklich autorisiert haben, Al Qaida-Mitglieder zu fassen und zu töten. Deswegen hat es offenbar der damalige Vize-Präsident Dick Cheney nicht für nötig gehalten, den Kongress über die Aufstellung der Todesschwadrone zu informieren.
Gezielte Tötungen im Krieg hält übrigens auch die Bush-Nachfolgeregierung für vertretbar. Seit Obamas Amtsamtritt wurde immer wieder versucht, mittels Drohnen Mitglieder von Al Qaida im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet zu töten. Solche Attacken treffen oft die Falschen, immer wieder werden dabei Zivilisten getötet.
Beteiligt an diesen Missionen ist auch Blackwater. Das deckte Ende August die NEW YORK TIMES auf. Angestellte des Unternehmens, das sich mittlerweile in Xe Services umbenannt hat, bestücken in Afghanistan unbemannte Predator-Drohnen mit Raketen und Bomben. An der Entscheidung über etwaige Einsätze sei Blackwater aber nicht beteiligt, hieß es.
Das Sicherheitsunternehmen bewacht außerdem seit 2002 CIA-Einrichtungen in Afghanistan und Pakistan. Im Juli bekam Xe Services den Auftrag, den Flugdienst der Militärbasis Bagram bei Kabul zu organisieren. Der Vertrag hat einen Wert von 8,9 Millionen Dollar. Blackwater beziehungsweise Xe Services ist also noch gut im Geschäft mit der US-Regierung, auch wenn das Todesschwadronen-Programm gestoppt worden ist. Der Präsidentenwechsel in den USA hat daran nichts geändert.
Autor: Dirk Eckert
MP3: http://media.ndr.de/download/podcasts/podcast2998/AU-20091019-1423-3701.mp3