Nordrhein-Westfalen Wirtschaft Kommentar taz nrw
Es wird wieder gestreikt in Nordrhein-Westfalen. Heute bei Gate Gourmet in Düsseldorf, bei Philips in Aachen, demnächst vielleicht in den Unikliniken des Landes. Immer mehr Beschäftigte müssen die Erfahrung machen, dass es ohne Arbeitskampf weder einen Sozialplan (Philips) noch Tarifverträge (Unikliniken) gibt. Auch die ehemaligen Mitarbeiter von AgfaPhoto Leverkusen mussten erst vor Gericht ziehen, um ihre Altersregelungen wieder zu bekommen, die mit der Pleite des Fotoherstellers angeblich weg waren. Vielleicht entwickelt sich tatsächlich eine neue Kultur der Tarifauseinandersetzungen unter den Beschäftigten.
“Sich nicht mehr alles gefallen lassen” könnte zum Motto einer neuen Streikbewegung werden. Streiks, Blockaden, ja sogar ziviler Ungehorsam werden plötzlich wieder “in”. Der wilde Streik bei Opel Bochum im Herbst 2004 kann Vorbild dafür sein, wie um Arbeitsplätze gekämpft werden muss. Dass das nötig ist, zeigte sich diese Woche: Da musste die Arbeitsagentur einräumen, dass diejenigen, die “strukturell arbeitslos” sind, keine Chance mehr haben, in den Arbeitsmarkt zurückzufinden. In Nordrhein-Westfalen sind das drei Viertel aller Arbeitslosen. Kein Wunder, dass um die verbliebenen Arbeitsplätze so erbittert gekämpft wird.
Nur die Gewerkschaften sind noch nicht wieder “in”. Nicht nur Arbeitergeber denunzieren sie gerne, auch viele Beschäftigte sehen sie eher als altmodisch und überflüssig an. Doch ohne eigene Organisationen werden Arbeitskämpfe nicht zu gewinnen sein. Was die Gegenseite im Arsenal hat, machte der CSU-Politiker Christian Schmidt am 27. Januar im Interview mit der Berliner Zeitung deutlich. Gefragt nach Bundeswehreinsätzen im Innern, sagte der Parlamentarische Staatsekretär im Verteidigungsministerium: “Es wird keine Panzer vor Fabriktoren geben und auch keine anderen überzogene Szenarien, sondern strikte Beachtung der Verfassung.” Mal sehen, wie lange das so bleibt.
Autor: DIRK ECKERT