Neues Deutschland, 06.11.2002, S. 5
Innenpolitik Neues Deutschland
Das Potsdamer „Center für transatlantische Sicherheit und militärische Fragen“ steht möglicherweise vor dem Aus. Es fehlt einfach das Geld.
Zuerst hat das Bundesverteidigungsministerium deutlich gemacht, dass es eine vom früheren Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) angeblich mündlich zugesagte jährliche Grundförderung von 250.000 Euro nicht zahlen will. Daraufhin kündigte Margarita Mathiopoulos, die Gründerin des Zentrums, an, mit der Universität und dem Land Brandenburg nach alternativen Finanzierungswegen zu suchen. Nun hat auch die Universität Potsdam erklärt, keine finanzielle Unterstützung leisten zu können. Wie es jetzt weitergeht, ist erst mal unklar.
„Es hat nie eine schriftliche Zusage gegeben“, betont ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Damit hat das Ministerium wohl recht. Mathiopoulos versucht nun zu beweisen, dass die Zusage doch gegeben wurde, auch wenn kein Vertrag existiert. Scharping, der jetzt Ehrenvorsitzender des Zentrums ist, habe als Verteidigungsminister am 4. Dezember 2001 in einem Gespräch die finanzielle Unterstützung zugesagt. Das hat Mathiopoulos am 27. Dezember 2001 in einem Schreiben an Scharping bestätigt. Scharping habe dem nie widersprochen, argumentiert Mathiopoulos heute. Doch diese Beweisführung hat das Ministerium von Peter Struck (SPD) bisher nicht beeindruckt. Der geplante Start des „Potsdam Center for Transatlantic Security and Military Affairs“ Anfang Oktober ist erst mal verschoben. Eine vom Land bereitgestellte Villa in Potsdam hat das Institut nicht übernommen.
„Ich hoffe, dass sich das Projekt damit erledigt hat“, sagt Nils Naber. Der studentische Vertreter (Grün-Alternative Liste) an der Universität Potsdam sah in dem Zentrum von Anfang an ein „Projekt der ‚Neuen Rechten’“. Ein Ehrenvorsitzender wie Ex-US-Außenminister Henry Kissinger ließe nicht auf einen „zivilen Sicherheitspolitikstil“ schließen. Tatsächlich sind das Zentrum und seine Gründerin Margarita Mathiopoulos auf engste mit Rüstungsindustrie verknüpft. Mathiopoulos, die Willy Brandt 1987 vergeblich zur SPD-Parteisprecherin machen wollte und die vor der letzten Bundestagswahl in die FDP eingetreten ist, ist nicht nur Professorin für US-Außenpolitik und Internationale Politik, sondern auch als „Industriemanagerin“ geschäftsführende Gesellschafterin der EAG European Advisory Group GmbH. Von 1998 bis 2001 war sie Chefberaterin des Vorstandes beim Rüstungskonzern von BAe Systems, zuständig für den Markt in Europa und Nordamerika. Die griechische Regierung berät sie bei der Restrukturierung der griechischen Armee.
Im Potsdamer Zentrum bündeln sich ihre verschiedenen Kontakte in Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Mathiopoulos ist Leiterin, Ehrenvorsitzende sind Kissinger und Scharping, im Beratergremium sitzen ehemalige und aktive Minister, Staatssekretäre, Botschafter und Wissenschaftler. Und: Mathiopoulos’ Geschäftspartner aus der EAG, Carl Bildt, István Gyarmati, Klaus Naumann, sind auch dabei.
Autor: Dirk Eckert