Gebühren verfassungswidrig

AStA der Uni Münster plant nach Rechtsgutachten juristische Schritte gegen Studiengelder

junge Welt, 16.07.2002, S. 4

junge Welt

Wegen der von der Landesregierung beschlossenen Einführung von Studiengebühren hat der AStA der Universität Münster ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Der Münsteraner Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, der Studierende bereits bei Klagen gegen die Rasterfahndung vertreten hatte, kam dabei zu dem Ergebnis, daß die Gebühren »verfassungswidrig« sind. »Das bestärkt uns in unserer Ablehnung von Studiengebühren«, kommentierte Thorsten Markstahler, der Referent für Hochschulpolitik des AStA. »Juristische Schritte können aber erst unternommen werden, wenn die erste Zahlungsaufforderung da ist.« Das wäre zum Sommersemester 2003 der Fall.

Ein Prozeß könnte durchaus Aussicht auf Erfolg haben. Zwar wurden in Baden-Württemberg Klagen gegen die dortigen Gebühren abgewiesen. Aber die Gebühren in Nordrhein-Westfalen wären von diesem Urteil nicht gedeckt, wie aus dem Gutachten von Achelpöhler, das junge Welt vorliegt, hervorgeht. In Baden-Württemberg hat der Verwaltungsgerichtshof Studiengebühren für zulässig erklärt, da deren Ziel die Verkürzung der Studienzeiten zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Effizienz der Hochschulen sei. Letztere seien »wichtige Gemeinschaftsgüter«, deren Schutz vorgehe.

Diese Begründung läßt sich nach Ansicht von Achelpöhler nicht auf NRW übertragen, da die Landesregierung deutlich zu verstehen gegeben habe, daß Studiengebühren zur Sanierung des Landeshaushaltes erhoben werden und erst das Studienkontenmodell einem Zweck dienen soll, der dem in Baden-Württemberg vergleichbar ist. In diesem Fall seien Studiengebühren als eine – nicht zulässige – »subjektive Berufszulassungsregelung« anzusehen, wenn Studierende auf Nebenjobs angewiesen seien und dementsprechend lange studieren. Achelpöhler verweist darauf, daß »die Höhe der Studiengebühr in etwa dem gesamten Bedarf eines Studierenden in einem Monat« entspreche und daher unverhältnismäßig sei.

Die Einführung von Studiengebühren sei außerdem für jene Studierenden unzulässig, die ihr Studium bislang nach dem Versprechen des NRW-Gesetzgebers, das Erststudium bleibe gebührenfrei, ausgerichtet hätten. »Sie mußten nicht damit rechnen, daß die bisherigen Studiensemester nachträglich auf ihr ›Studienguthaben‹ in Höhe der Regelstudienzeit zuzüglich vier Semester angerechnet werden.« Im übrigen könne ein Student, der mit Rücksicht auf seine Eltern das Studium durch eigene Arbeit finanziert und inzwischen die Regelstudienzeit weit überschritten habe, das nicht mehr rückgängig machen. »Er kann aber auch umgekehrt seine Eltern nunmehr nicht auf Unterhalt etwa für die Zahlung der Studiengebühren in Anspruch nehmen.«

Gebühren für das Zweitstudium werden von Achelpöhler als Eingriff in den verfassungsrechtlich gewährleisteten Anspruch auf Zulassung zum Studium nach Wahl abgelehnt. Studiengebühren wiesen »objektiv eine berufsregelnde Tendenz« auf und stellten damit einen Eingriff in die Ausbildungsfreiheit dar.


Autor: Dirk Eckert