philtrat, 31.12.1999, Zeitung der StudentInnenschaft der Philosophischen Fakultät der Universität Köln, nr. 32, S. 1/2
Bildung, Hochschule Köln philtrat
Bei den Wahlen zum StudentInnenparlament 1999/2000 konnte der amtierende AStA aus Unabhängigen (Unabs), RCDS und LUST seine Mehrheit verteidigen. Zusammen verfügen die drei Gruppen über 26 Sitze im StudentInnenparlament. Das StudentInnenparlament der Universität Köln hat 51 Sitze. Noch im Dezember 1999 wurde Oliver Ullrich von den Unabhängigen im StudentInnenparlament erneut zum AStA-Vorsitzenden gewählt.
Zugelegt hat auch die Opposition: Die Juso-Hochschulgruppe konnte ihre Sitzzahl von vier auf zehn steigern. Die Alternative Liste (AL) gewann vier Sitze hinzu und ist damit mit zwölf Sitzen im StudentInnenparlament vertreten. Das schlechteste Ergebnis unter allen kandidierenden Hochschulgruppen erzielte die LUST: Sie verlor sechs Sitze und ist nur noch mit vier Sitzen im Parlament vertreten. An der Philosophischen Fakultät hat die LUST einen Großteil ihrer WählerInnen verloren. Das Ergebnis war zu erwarten: Die LUST hatte sich im Sommer dieses Jahres gespalten, als Teile der LUST unter Bruch bisheriger Listenbeschlüsse den Unabhängigen Oliver Ullrich zum AStA-Vorsitzenden wählten.
Zu den Wahlverlierern zählt neben der Rosa Liste, die einen Sitz einbüßte und nun auf zwei Sitze kam, auch die Liberale Hochschulgruppe (LHG), die ohne jeglichen Wahlkampf einen Sitz erreichte. Der Linksruck, der zum ersten Mal kandidierte, konnte mit 168 Stimmen keinen Sitz erreichen. Die Ankündigung, im Wahlkampf eine “Materialschlacht” zu veranstalten, löste der Linksruck nicht ein (philtrat nr. 31, nov/dez 1999). Dabei bestritt ein Vertreter des Linksruck, jemals von einer “Materialschlacht” geredet zu haben.
Gewonnen haben neben AL und Jusos auch die Unabhängigen und der Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS). Die Unabhängigen gewannen zwei Sitze hinzu und können damit fünfzehn ParlamentarierInnen stellen. Der RCDS erreichte mit sieben Sitzen einen Sitz mehr als im Vorjahr. Nicht mehr kandidiert haben dieses Jahr die Grüne Hochschulgruppe und die Liste magNET.
“Dies ist für die Linken an der Uni Köln ein exzellentes Ergebnis, da Sitzschwankungen in diesem Umfang hier nur selten geschehen”, kommentierte Olaf Bartz von der Alternativen Liste das Ergebnis. Es zeige sich, dass sich die Unterstützung des Rechtslagers aus Unabs, RCDS und LHG nicht auszahle, meinte Bartz mit Blick auf die LUST. Die LUST habe fast 90 Prozent ihrer KandidatInnen und 60 Prozent ihrer Sitze verloren. Die AL könne mit ihrem Ergebnis zufrieden sein. “Eine linksundogmatische Gruppe kann auch mit Positionen wie der Gegnerschaft zum NATO-Krieg gegen Jugoslawien oder der Beteiligung an Protestaktivitäten zu EU- und WWG-Gipfel Erfolge an der Wahlurne erzielen”, so Bartz.
Die Jusos sprachen von einem “klaren Sieg” für ihre Gruppe. Sie hätten ihr bisher bestes Ergebnis erzielt. Der Wahlkampf habe eine “klare linke, sozialpolitisch geprägte Ausrichtung” gehabt. “Wir haben damit offensichtlich genau die Interessenlage der Studierenden angesprochen”, so Katja Durschang, Vorsitzende der Juso-Hochschulgruppe. Andere Hochschulgruppen haben sich bisher nicht zum Wahlergebnis geäußert.
In der ersten Sitzung des neugewählten StudentInnenparlaments am 15. Dezember 1999 wurde Oliver Ullrich von den Unabhängigen erneut zum AStA-Vorsitzenden gewählt. Der Unabhängige konnte sich mit der nötigen Mehrheit von 26 Stimmen gegen Dagmar Abresch von der Alternativen Liste durchsetzen, die auch die Unterstützung der Jusos hatte und 22 Stimmen erhielt. Abresch griff vor der Wahl den amtierenden AStA-Vorsitzenden massiv an und kündigte an, dass sie sofort zurücktreten würde, falls sie als AStA-Vorsitzende nur einen Artikel von der Qualität eines Oliver-Ullrich-Artikels schreiben würde.
Während Dagmar Abresch vor der Wahl die Fragen der ParlamentarierInnen bereitwillig beantwortete, glänzte Oliver Ullrich damit, beinahe alle Fragen zu ignorieren. So sagte Ullrich nicht, ob es eine neue AStA-Koalition gebe, wer daran beteiligt sei und ob es einen Koalitionsvertrag gebe. BeobachterInnen gehen davon aus, dass bei der geheimen Wahl Oliver Ullrich von Unabhängigen, RCDS und LUST gewählt wurde, die zusammen genau 26 Sitze haben. Die Liberale Hochschulgruppe war bei der Sitzung nicht anwesend. Wenn die 22 Stimmen, die Dagmar Abresch erhalten hat, von AL und Jusos stammen, so ergibt sich, dass die zwei Enthaltungen von der Rosa Liste stammen.
Nicht bekannt wurde bis Redaktionsschluss, wer im neuen AStA von Ullrich mitarbeitet. Auch die Internet-Seiten des AStA geben hierüber keinerlei Auskunft. Dort heißt es lapidar: “Ullrich versteht die Wiederwahl als Bestätigung seiner erfolgreichen Arbeit, die er bereits seit Juni für die Kölner Studierendenschaft leistet. ‘Die Studierenden merken, daß unsere Politik ihnen näher ist, als die ideologischen Grabenkämpfe der Vergangenheit’, so Ullrich nach der Wahl.” Es ist aber davon auszugehen, dass sich an der personellen Zusammensetzung des AStA wenig geändert hat. Insbesondere die LUST, die den AStA immerhin mitträgt, scheint nicht vertreten zu sein.
“Die Unabhängigen an der Universität zu Köln können mit diesem deutlichen Mandat ihr überzeugendes Engagement fortsetzen, das sich in erster Linie auf Bildungs- und Hochschulpolitik konzentrieren wird”, heißt es auf der AStA-Homepage. “Das geplante Hochschulgesetz und der Qual-Pakt der Landesregierung werden uns auch im nächsten Semester noch beschäftigen”, wird Ullrich dort unter Anspielung auf den “Qualitätspakt” der Landesregierung zitiert.
“Damit steht wiederum ein AStA ins Haus, der sowohl antipolitisch/rechts als auch höchstwahrscheinlich dilettantisch arbeiten wird”, prophezeite Olaf Bartz von der Alternativen Liste. Einen linken AStA vor den nächsten StudentInnenparlamentswahlen bezeichnete er als “unwahrscheinlich”. “Die AStA-Koalition dürfte fest zusammenstehen: Über nennenswerte eigene Inhalte verfügt keine der AStA-Gruppen, und zusammengeschweisst werden sie durch die gemeinsame Abwehrhaltung gegen links.”
Eine Besonderheit der Wahl zum StudentInnenparlament 1999 war die Tatsache, dass zwei Wahlzeitungen vom Wahlausschuss erstellt wurden. Die erste Wahlzeitung wurde von allen Fraktionen im StudentInnenparlament aufgrund ihrer Fehlerhaftigkeit beanstandet. So wurden beispielsweise bei einer Wahl zur Fakultätsvertretung die KandidatInnen vom letzten Jahr abgedruckt. Die Wahlvorstellung der Rosa Liste wurde mit falscher Schriftart wiedergegeben – so dass der Text kaum noch erkennbar war.
Das StudentInnenparlament verpflichtete daher den Wahlausschuss unter seinem Vorsitzenden Raimund Berg, eine korrigierte Wahlzeitung zu erstellen. Die vom StudentInnenparlament geforderte Klarstellung druckte der Wahlausschuss in dieser Ausgabe aber nicht ab. Erst in der Wahlergebniszeitung entschuldigte sich der Wahlausschuss für die ihm unterlaufenen Fehler – und dafür, dass seine Entschuldigung so spät kommt.
Autor: Dirk Eckert