Im Land von Burgen und Bergbau

Leonardo (WDR5), 13.10.2017

Radio Reportage WDR

 

(Anmoderationsvorschlag: Bergauf, bergab – so fährt man, wenn man im Bergischen Land unterwegs ist. Wälder und Wanderwege locken die Stadtbewohner aus Köln und Bonn zur Erholung. Man besucht Schloss Bensberg oder den Altenberger Dom oder geht in eins der vielen Museen. Einen ganz anderen Blick bietet die Archäologietour. Bereits zum zweiten Mal zeigt der Landschaftsverband Rheinland am 15. Oktober, also am Sonntag, die verborgenen Schätze rund um Bergisch Gladbach. Was man da erleben kann – Dirk Eckert hat es sich schon mal angeschaut.)

Ein Waldstück östlich von Schloss Bensberg.

O-Ton Atmo

Zu Fuß geht es durch das Herbstlaub hinauf zu einer kleinen Bergkuppe. Mehrere Gräben ziehen sich durch den Waldboden, man muss aufpassen, wo man hintritt. Auf den ersten Blick nichts ungewöhnliches in einem Wald. Doch weit gefehlt: Es sind die Gräben einer alten Wallanlage aus der Eisenzeit. Der Archäologe Klaus Frank:

O-Ton Frank:

„Das ganze war eine schwer befestigte Burganlage der späten Eisenzeit. Die Funde, die Gott sei Dank den Krieg überlebt haben, zeigen, dass diese Anlage wohl in einem Zug erbaut wurde.“

1935 wurden hier auf dem kleinen Berg erstmals Ausgrabungen gemacht. Die Archäologen entdeckten im Boden Festungsgräben und die Reste eines Tores. Durch Keramikfunde ließ sich der Bau auf die erste Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. datieren. Doch warum die Wallanlage überhaupt gebaut wurde, ist unklar. Und auch, warum sie wieder aufgegeben wurde. Die Archäologen vermuten, dass der Festungsbau irgendwie mit dem Abbau von Eisen und Kupfer zusammenhing. Nur eins ist klar: Zur Abwehr der Römer war diese Anlage keinesfalls gedacht, wie die Nazis in den 30ern behaupteten.

O-Ton Frank:

„Damals wollten die Ausgräber oder vielmehr die Propagandamaschinerie dahinter diese Anlage als Bollwerk gegen die Römer verkaufen. Heute können wir sagen, das ist alles Quatsch. Diese Anlage wurde lange errichtet, bevor der erste Römer hier am Rhein sich blicken ließ.“

Noch nicht genau zu datieren ist dagegen eine andere Wallanlange in der Nähe des Altenberger Doms. Die „Alte Burg“ genannte Anlage bei Erberich schützt mit ihren fünf Wällen eine ganze Bergkuppe. Aus welcher Zeit sie stammt, wird gerade ermittelt. Bei gerade laufenden Ausgrabungen wurden Holzkohlereste gefunden, im Labor sollen sie nun untersucht und datiert werden. Erich Claßen vom Amt für Bodendenkmalpflege vermutet, dass die Wallanlage im Gefahrenfall als sicherer Rückzugsort genutzt wurde. Vielleicht war es aber auch eine befestigte Siedlung.

O-Ton Claßen:

„Das ist im Prinzip das Ziel hier, die Anlage soweit mal zu erschließen, dass wir einerseits was über die Innenbebauung rauskriegen, über den Aufbau der Wälle und über die Datierung der Wälle. Weil neben den eisenzeitlichen Funden, die es hier gibt, ist vor fünf Jahren eine spätbronzezeitliche Knopfsichel gefunden worden. Dazu gehört auch noch dieser Ring. Aber das ist ein Fundstück, das eindeutig auf die späte Bronzezeit, das heißt den Zeitraum zwischen 1200 etwa und 800 v. Chr. hinweist und damit nochmal ein paar Jahrhunderte früher als die Scherben, die wir bisher kennen.“

Doch die archäologischen Funde im Bergischen Land beschränken sich nicht nur auf die Zeit vor Christus. Zwischen Bensbach und Overath finden sich auch Spuren der industriellen Revolution. Wo heute tiefster Wald ist, sah es vor fast hundertfünfzig Jahren aus wie im Ruhrgebiet. Vor allem Kupfer und Eisen wurden hier gefördert. Anhand der Spuren können die Wissenschaftler erkennen, dass hier in großem Stil und mit schweren Maschinen Bergbau betrieben wurde. Die Geografin Silke Junick erklärt, welche Spuren man auch heute noch erkennen kann:

O-Ton Junick:

„Hier haben wir die Schachtröhre. Das wäre da unten. Und hier das Haldenmaterial. Dadurch ist dieses Relief hier entstanden. Hier stehen wir vor dem Schacht, also dem definitiven Schacht der Grube Schnepfenthal.“

Der Schachteingang ist heute eine kegelförmige Grube. Da sollte man auf keinen Fall reinklettern. Denn auch wenn solche Schächte heute zugeschüttet sind, weiß man doch nie, wie stabil die Konstruktion ist und ob es nicht doch noch mal zu Absenkungen kommt.

Ohne fachkundige Hilfe würde man den Bergwerksschacht als solchen kaum erkennen. Und auch nicht die Erdenburg, die Alte Burg oder den vor ein paar Jahren ausgegrabenen Kalkofen aus der Römerzeit im Lerbacher Wald. Es sind eben die unbekannten Schätze des Bergischen Landes, bei denen man ein bisschen genauer hinschauen muss, um sie zu entdecken

(Abmoderationsvorschlag: Und genau das kann man jetzt am Wochenende machen. Da werden nämlich Führungen an die archäologischen Stätten im Bergischen Land angeboten. Mehr Infos dazu gibt’s beim Landesverband: Die Führungen zur Archäologietour an den jeweiligen Standorten sind kostenlos. Vorher gebucht werden muss die Bustour, die am Kreishaus in Bergisch Gladbach startet. Tickets kosten 20 Euro plus 2,50 Euro Bearbeitungsgebühr. Weitere Infos bei der Kulturinfo Rheinland unter 02234-9921555 oder beim LVR-Amt für Bodendenkmalpflege.)

 


Autor: Dirk Eckert

MP3: http://wdrmedien-a.akamaihd.net/medp/podcast/weltweit/fsk0/149/1494096/wdr5leonardo_2017-10-13_wdr5leonardoganzesendung13102017_wdr5.mp3