Frankfurter Rundschau, 16.08.2003, S. 17
Wirtschaft Frankfurter Rundschau (FR)
Für Uganda ist die Kaweri-Kaffeplantage ein Prestigeprojekt. Auf der Plantage im Distrikt Mubende soll der Kaffee nicht nur angebaut, sondern auch weiterverarbeitet und vertrieben werden. Grund genug für die African Development Bank (ADB), das Projekt mit einem Kredit von 2,5 Millionen Dollar zu unterstützen. Schließlich entspricht die Plantage genau den Vorstellungen der Bank von integrierter und nachhaltiger Wirtschaft, die eine Form der Arbeitsteilung beenden, die Entwicklungsexperten jahrzehntelang kritisiert hatten: Die Länder des Südens liefern billige Rohstoffe, während die Verarbeitung in den Industrieländern vorgenommen wird.
Die Hoffnungen, die an die 2000 Hektar große Plantage geknüpft werden, sind riesig. Die ADB rechnet mit 3250 neuen Jobs in Mubende und einer Verbesserung der sozialen Infrastruktur – also Wasserversorgung, Schulen und Stromversorgung. Zusätzlich könnten Arbeitsplätze in den Branchen entstehen, die vom Wirtschaftsaufschwung profitieren, etwa in Geschäften und Restaurants. Der Staat wiederum hofft auf Steuereinnahmen und eine günstigere Außenhandelsbilanz.
Doch das Prestigeprojekt hat einen Schönheitsfehler. Um es zu verwirklichen, hat die Regierung einst rund 2000 Menschen gewaltsam von ihrem Boden vertrieben. Als Landlose leben sie seitdem unter katastrophalen sanitären Bedingungen, die die Organisation “Action Aid” dokumentiert hat.
In Deutschland hat sich die Nichtregierungsorganisation Fina (Food-First Informations- & Aktions-Netzwerk) der Problematik angenommen. In der Kritik der Aktivisten steht besonders das Kaffeeunternehmen Neumann. Der Hamburger Traditionsfirma gehört die Kaweri Coffee Plantation, die die Plantage betreibt.
Fian wirft Neumann vor, als Plantagen-Betreiberin für die Menschenrechtsverletzungen mit verantwortlich zu sein. Kaweri Coffee sei “de facto bereits zum Zeitpunkt der Vertreibung im Besitz des Landes” gewesen, sagt Wolfgang Sterk von der Kölner Fian-Gruppe.
Anstatt den Landlosen ein kleines Stück zurückzugeben, versuche die Neumann-Tochter Kaweri Coffee, die Klage der Landlosen abzuschmettern, glaubt der in Köln lebende Ayoo Godfrey vom “Uganda Peoples Congress”. Der Konzern erlange vor Gericht finanzielle Sicherheiten für die Prozesskosten in einer Höhe, die die klagenden Bauern niemals aufbringen könnten. Zusammen mit Fian will er die Enteigneten jetzt unterstützen. Es geht dabei nicht darum, das Kaffee-Projekt infrage zu stellen, betont er, sondern um Land und Entschädigung.
Neumann will die ganze Aufregung nicht verstehen. Die “Unregelmäßigkeiten bei der Übergabe des Landes” seien “in keinster Weise von uns zu verantworten”, beteuert denn auch Firmensprecher Hans-Georg Müller. Gleichwohl seien diese “sehr bedauerlich”, deswegen habe Neumann “auf freiwilliger Basis” versucht, die Folgen zu lindern. “Wir haben die katholische Diözese von Mitaya gebeten, die Lage zu überprüfen. Mit unserer finanziellen Hilfe wurden von der Diözese Sofortprogramme entwickelt und von uns gemeinsam umgesetzt.”
Im Übrigen sei die Plantage “eine Art Zellkern mit Vorbildfunktion” für die ganze Region. Bei dem Projekt würden natürliche Ressourcen wie Wasser schonend genutzt und die Artenvielfalt auf Kaweri bewahrt. Darüber hinaus profitiere die Bevölkerung durch Investitionen in die Infrastruktur und Arbeitsplätze.
Auch von schlechten Arbeitsbedingungen will Müller nichts wissen. 850 Personen seien derzeit auf der Farm beschäftigt, sagt er. “Die Angestellten schätzen dabei die korrekten Beschäftigungsbedingungen.”
Autor: Dirk Eckert